Israel erwartet Baker zur zweiten Runde

Außenminister David Levy findet regionale Friedenskonferenz „wünschenswert“, doch Jerusalems Liste von Bedingungen ist lang  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Wenn US-Außenminister James Baker nach seiner Publicity-Visite bei den kurdischen Flüchtlingen in der Türkei morgen zu seinem zweiten Nachkriegsbesuch in Israel eintrifft, wird er, so die Erwartung in Jerusalemer Regierungskreisen, auf einem einstweiligen Stopp der intensiven israelischen Besiedlung in den besetzten Gebieten bestehen. Die Fortsetzung der Siedlungspolitik in ihrem gegenwärtigen Ausmaß „untergräbt die Glaubwürdigkeit der Washingtoner Administration“, hat der US-Außenminister Israel im voraus wissen lassen. Die arabische Seite könne nicht an Israels Friedenswillen glauben, so die Botschaft Bakers an die Israelis, wenn weiterhin eine so große Zahl israelischer Siedler in die Westbank geschickt und neue Siedlungspläne auf den Golan-Höhen durchgeführt würden.

Derartigen Forderungen trat der israelische Außenminister David Levy gestern vorbeugend entgegen: Israel habe niemals und niemandem versprochen, die Bautätigkeit in den besetzten Gebieten zu unterbrechen, sondern habe sich gegenüber Washington allein dahingehend verpflichtet, keine Neueinwanderer aus der Sowjetunion als Neuansiedler in die besetzten Gebiete zu schicken — wobei Jerusalem und seine östliche Umgebung von israelischer Seite nicht in diese Kategorie fallen.

Auch zu den zentralen UN-Resolutionen zum israelisch-palästinensischen Konflikt, die Baker aller Voraussicht nach bei seinem Israel-Besuch auf die Tagesordnung setzen wird, hat der israelische Außenminister gestern schon die Gegenposition abgesteckt: „Israel steht zu den Resolutionen 242 und 338“ — allerdings so, wie Israel diese Resolutionen des UN-Sicherheitsrats interpretiert, und das bedeutet keineswegs die Annahme der von den USA angemahnten „Land für Frieden“-Formel. Über die verschiedenen Auslegungen der UN-Resolutionen wird man sich erst am Verhandlungstisch mit den arabischen Partnern einigen können, nicht davor, erklärte Levy.

Andererseits deutete der israelische Außenminister heute an, daß er die palästinensischen Vertreter, mit denen James Baker erneut in Ostjerusalem zusammentreffen will, möglicherweise als Gesprächspartner akzeptieren könnte, wenn diese ihre Identifikation mit der PLO aufgäben und die israelische „Friedensinitiative vom 14. Mai 1989“ — die eine lokale Selbstverwaltung der Palästinenser unter israelischer Kontrolle vorsah — unterstützen.

Und während Levy sich gestern im Prinzip für eine Konferenz Israels mit den arabischen Staaten aussprach und diesen Prozeß als „gewollt und wünschenswert“ bezeichnete, ist die Liste der israelischen Bedingungen dafür unverändert lang und kompromißlos. Vor Einberufung einer Konferenz unter Vorsitz der USA und der UdSSR müßten die arabischen Staaten den Kriegszustand mit Israel beenden und die Sowjetunion volle diplomatische Beziehungen mit Israel aufnehmen. Darüber hinaus besteht Israel darauf, daß diese Konferenz ein „einmaliges Ereignis“ bleibt und nach einem lediglich formellen Akt sich alle weiteren Verhandlungen auf bilaterale Kommissionen zwischen Israel und einzelnen arabischen Staaten beschränken. Aus Jerusalemer Regierungskreisen verlautete auch, eine Vorbedingung für eine solche Regionalkonferenz sei ein enges „Koordinationsabkommen“ zwischen Israel und den USA. Der Ausschluß der PLO von den Friedensverhandlungen ist für die Schamir- Regierung selbstverständlich, und von den USA verlangt Jerusalem das Versprechen, daß keinesfalls ein palästinensischer Staat erwogen wird.

Nach seiner Visite in Israel wird der US-Außenminister auch Ägypten und Syrien besuchen. Am kommenden Freitag wird Baker in Genf auch mit seinem jordanischen Amtskollegen zusammentreffen, nachdem Amman wegen seiner „proirakischen“ Haltung bei der vergangenen Nahost-Reise Bakers ausgeklammert blieb. US-Präsident Bush erklärte indes am Wochenende, er wolle erst in die Fußstapfen seines Außenministers treten und die bereits seit Ende des Golfkriegs angekündigte Reise in den Nahen Osten unternehmen, wenn es Fortschritte im Friedensprozeß gäbe.