VONWERNERKLINGLER

DEFA-FILMEIMBABYLON  ■  »RAZZIA«

Werner Klingler hat in seinem Leben 24Filme gemacht. Man kann nicht sagen, daß »Razzia« von 1947 sein schlechtester ist. Interessant ist der Film insofern, weil dieser sein einziger bei der DEFA gedrehter in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone ist. Außerdem gilt »Razzia« als der erste deutsche Nachkriegs- Kriminalfilm.

Klingler hat sich Zeit seines Regie-Lebens immer in der heilsamen Mitte bewegt. Angefangen hatte er 1938 mit »Liebesbriefe aus dem Engadin«; 1967 hörte er auf mit »Straßenbekanntschaften auf St. Pauli«, den er für die Telecine drehte. Sowohl vom Ensemble als auch von der dramaturgischen Qualität zählt »Razzia« nicht zu den großen deutschen Nachkriegsfilmen, wie die von Staudte oder Maetzig. Klingler verknüpft in seinem Kriminalspektakel hingegen den Berliner Alltag mit dem Ambiente der big society der Nachtbars und der Sozialdemokratie redlicher Polizeiarbeit. So gesehen ist dieser Film ein Korrektiv zu den didaktischen Aufbaufilmen, wählt stattdessen den kleinen Alltag zwischen Schwarzmarkt und Trümmern zum Hintergrund für einen schmucklosen Krimi, der keines seiner Vorbilder verleugnet. Klingler und sein Filmteam haben in nahezu allen Belangen die Stilistik der Ufa unberührt übernommen: zielsicher werden Varietészenen eingearbeitet; die Beleuchtungsarbeit nimmt Anleihen bei den sozialkritischen Krimis der 30er, die Charaktere werden überzogen gespielt und verlassen an keiner Stelle ihre stationäre Umlaufbahn. Nina Konsta als singender Vamp Yvonne schmachtet in die Kamera des soliden Handwerkers Friedl Behn- Grund, Friedhelm von Petersson als Nachtclubbesitzer Goll ist so böse und verdorben, wie man es nur im dekadenten Nachkriegs-Berlin sein konnte.

»Razzia« erzählt den Kampf der Polizei gegen den Schwarzmarkt und nebenbei noch eine Familiengeschichte um den ermordeten Kriminalkommissar Naumann, dessen Sohn ungewollt für die Mörder arbeitet und dessen Tochter sich in seinen Assistenten Lorenz verliebt, der später alles aufklärt, Goll ausräuchert und den verlorenen Sohn auf den rechten Weg führt. Immer sitzend, entweder am Kaffeetisch oder bei der Handarbeit, ist »Mutti« Naumann der ruhende Pol der Familie und damit des Films und zeigt symptomatisch, wie sehr sich die Menschen des zerstörten Berlins nach Geborgenheit und Häuslichkeit sehnten. Volker Handloik

HEUTEUM19.30UHRIMKINOBABYLONMITTE