Ein „Familienbuch“, das keines ist

■ Dubioses Angebot für 69 D-Mark aus Amerika/ „Pro Honore“: „Unseriös und wettbewerbswidrig“

Hamburg (taz) — Familie Klose, Familie Henrichs, Familie Jaspers — sie alle bekommen dieser Tage Luftpost aus den Vereinigten Staaten. Quer durch die Bundesrepublik verschickt Halbert's Familiy Heritage persönlich aufgemachte Briefe, in denen es heißt: „Nach vielen Jahren intensiver Nachforschungen sind wir nun soweit, daß wir ein Buch mit dem Titel Das Klose Familien-Weltbuch herausgeben können. Sie sind in diesem Buch aufgeführt.“

Je nach dem Familiennamen des Empfängers hat das angepriesene Werk natürlich genau diesen Namen im Titel. Man erfahre etwa folgendes: „Wie die Familie Klose ihren Namen erhielt, und was er ursprünglich bedeutete.“ Oder: „Wie Sie das internationale Familienregister der Kloses zu Hilfe nehmen könne, um Ihren Familienstammbaum aufzuspüren.“ Für 69 D-Mark kann das angeblich individuelle Werk beim FPS — Halbert's Familien Weltbuch-Informationsbüro in 7518 Bretten angefordert werden.

Der als Verfasser genannte Amerikaner stammt natürlich ebenfalls aus der Familie und trägt deren Namen. Er habe an seinem Projekt gearbeitet, welches sich ausschließlich mit dem Namen des Werbeempfängers befaßt. Und schließlich enthalte das Buch neben Informationen über die europäische Emigration in die „Neue Welt“ auch das internationale Familienregister des jeweilig umworbenen Namenträgers.

Was der Leser der Werbung nicht weiß: Der Inhalt aller Bücher ist gleich, egal ob der Käufer Schmidt oder Meyer heißt. Lediglich der Buchtitel ist unterschiedlich, so zum Beispiel Das Schmidt Familien- Weltbuch oder Das Meyer Familien- Weltbuch. Der Besteller erhält für 69 D-Mark zwar allgemeine Informationen zur Ahnenforschung, jedoch kein individuelles Familiennamen- Handbuch. Dies wird lediglich vorgegeben, um beim jeweiligen Namensträger Interesse zu wecken. Ein eingeschobenes Blatt, gleich einer Telefonbuchseite, ist alles, was mit dem individuellen Namen zu tun hat. Darin sind die Adressen enthalten, die mit der Offerte beschickt wurden. So kann man sich hinterher wenigstens gemeinsam aufregen.

Der in Hamburg ansässige „Verein für Treu und Glauben im Geschäftsleben e.V.“, Pro Honore, stuft die Offerte als „unseriös und wettbewerbswidrig“ ein. Geschäftsführer Otto Dobbeck: „Es handelt sich um eine irreführende Offerte, die den gestellten Erwartungen nicht gerecht wird. Ein Betroffener hat in diesem Zusammenhang von Betrug gesprochen.“ Jürgen Lossau