Bremens Wohnbau-Träume platzen

■ Senatszusage geplatzt / Kritik an Bremens „völlig unrentabler Bauförderung“

“Die Aussage des Bausenators, bis 1995 10.000 Wohnungen zu bauen, ist reines Wunschdenken.“ Mit diesen Worten zerstörte gestern auf der Landespressekonferenz der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungswirtschaft Bremen-Bremerhaven, Detlef Knust, die Wohnungsbauperspektiven in Bremen für die nächsten Jahre. In der Arbeitsgemeinschaft sind gemeinnützige Wohnungsgesellschaften verknüpft, bundesweit etwa 2.700 Gesellschaften, die 6,5 Millionen Wohnungen verwalten.

Die Wohnungsnot in Bremen wird steigen und die Mieten werden also weiter klettern. Nach Angaben von Knust müßten Wohnungen, die 1995 bezogen werden können, „bereits jetzt auf den Reißbrettern der Wohnungsgesellschaften liegen“. Andernfalls seien sie wegen des hohen planerischen Aufwandes und der zahlreichen Auflagen nicht mehr zu realisieren. Maximal, so schätze Knust weiter, könnten bis 1995 5.000 neue Wohnungen entstehen, während eine Gewos-Studie einen Bedarf von 16.000, wahrscheinlich sogar 20.000 Wohnungen bis zum Jahr 2000 prognostizierte.

Davon sind die Wohnungsgesellschaften bisher weit entfernt. Anfragen der taz haben ergeben, daß man bei der Gewoba in den nächsten Jahren maximal 400 Wohnungen realisieren kann, wobei etwa ein Drittel Eigentum und zwei Drittel Mietwohnungen entstehen werden. Bei der Espa- Bau sind in den nächsten Jahren absehbar 180 Wohnungen bezugsfertig, bei der Beamten-Baugesellschaft entstehen derzeit 170 Wohnungen. Auch unter optimistischen Zahlen der Gewosie und der Bremischen Gesellschaft für Stadterneuerung und Stadtentwicklung, die gestern nicht vorlagen, dürfte die Zahl der entstehenden Wohnungen weit unter 2.000 liegen.

Entscheidend für die Misere im Wohnungsbau sei die Tatsache, daß das Land Bremen eine völlig unrentable Bauförderung praktiziere. Wer jetzt mit Bremer Geld bauen wolle, dürfe pro Quadratmeter nicht über 2.600 Mark investieren, wohingegen die tatsächlichen Baukosten zwischen 3.200 und 3.500 Mark pro Quadratmeter betrügen. Auch die Zielgruppe für öffentlich geförderten Wohnungsbau ist kleiner geworden: Mittlerweile gehören nur noch 37 Prozent der Bevölkerung zum Kreis der Berechtigten, während es vor zehn Jahren noch gut 70 Prozent waren. Alle anderen müssen sich entweder auf dem freifinanzierten Markt herumschlagen, Eigenheime bauen oder kaufen. Doch das ist schwer:

„Wer eine Mark mehr verdient, als die Förderungsgrenze beträgt, steigt in der Miete von sechs auf 25 Mark im freifinanzierten Wohnungsmarkt“, erklärte dazu der Präsident des Gesamtverbandes der Wohnungswirtschaft, Jürgen Steinert. „Wir müssen davon ausgehen, daß es gerade in den unteren Gehaltsgruppen Leute gibt, die zwischen 30 und vierzig Prozent ihres Einkommens für Miete ausgeben müssen“, erklärte er weiter. Zu den fehlenden, billigen Wohnungen bereite die Stagnation auf dem privaten Baumarkt dem Verband der Wohnungswirtschaft zunehmend Sorgen: Wegen der überhohen Zinsen und könne sich ein Durchschnittsverdiener kaum noch den Kredit für Eigentum leisten. „Dazu kommt, daß wegen der vielen Ausgleichsmaßnahmen und fehlender Baufläche alle Bauinteressenten abgeschreckt werden“, erklärte Knust gestern die fehlende private Baulust. Der sogenannte „Sickereffekt“, das Freiwerden von Mietwohnungen neue Eigenheime, wirke sich auf dem Wohnungsmarkt kaum aus. Markus Daschner