: „Frankfurt, the natural choice“
Die Mainmetropole will Standort für die begehrte Europäische Zentralbank werden ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt
Frankfurt/Main (taz) — Daß es innerhalb der Europäischen Gemeinschaft Ressentiments gegen das größer gewordene Deutschland und die Deutschen gibt, ist dem designierten Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt am Main, Andreas von Schoeler, bekannt. Deshalb wird er, derzeit noch amtierender Wirtschaftsdezernent, den entscheidungsbefugten Europäern seine Stadt „nicht marktschreierisch“ als Standort für die geplante Europäische Zentralbank anbieten. „Leise Töne“ seien angesagt — und die Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderung Frankfurt, Gabriele von Eick, hat dazu gemeinsam mit zwei renommierten Werbeagenturen eine people to people- Strategie entwickelt.
EG-weit sollen seriöse „Botschafter Frankfurts“ das Image der Stadt aufpolieren und die Message an die Schaltstellen transferieren: „Frankfurt, the natural choice“. Rund 800.000 Deutschmark werden im laufenden Haushaltsjahr in diese Kampagne investiert — eine bescheidene Summe, wie von Schoeler anmerkte. Immerhin sind die Bewerbungen der Metropolen London, Paris, Brüssel, Luxemburg und Amsterdam zu kontern. Und London — der Euro-Börsenplatz Nr.1 — wird als Favorit beim Rennen um die Gunst der Top-Politiker gehandelt.
Projektmanagerin von Eick unterstrich denn auch gestern bei der Vorstellung der Bewerbungsstrategie die „natürlichen Vorzüge“ des Finanzplatzes Frankfurt: die zentrale europäische Lage, den Osteuropazugang, das Modell Bundesbank, die starke Währung und die Infrastruktur mit Flughafen, Auto- und Eisenbahnen. Zwei Grundstücke in City- Lage stehen zur Auswahl.
Und binnenpolitisch, so von Schoeler zufrieden, habe der gerade zurückgetretene Oberbürgermeister Volker Hauff bereits „alles klar“ gemacht. Die Stadt, das Land Hessen, der Bund und die mächtige Frankfurter Industrie- und Handelskammer zögen in Sachen Zentralbank an einem Strang. Ein „Arbeitskreis Zentralbank“ aus Spitzenvertretern der Frankfurter Wirtschaft und der Politik soll beim Rennen um den Zuschlag zusätzlich für Kontinuität sorgen, denn alle Beteiligten werden einen „langen Atem“ brauchen. Die Zentralbank soll einst die Währung für die gesamte EG ausgeben, doch noch ist auch nicht im entferntesten abzusehen, wann die zwölf nationalen Wirtschaften einander dafür genügend angepaßt sein werden.
Mit einem Verweis auf Alice im Wunderland stellte von Eick am Ende die Skeptiker ruhig. Bei Alice hätten zum guten Schluß alle einen Preis gewonnen. Und falls Frankfurt auf der Zielgeraden nicht die Nase vorne haben sollte, könne sich die Stadt immerhin damit trösten, über die Imagekampagne den Ruf der Mainmetropole aufpoliert zu haben.
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