: Abschiebestopp für Kurden in Hessen und Bayern
München/Frankfurt (taz/afp) — Hessen und sogar Bayern zeigen ein Herz für kurdische Flüchtlinge: Die beiden Bundesländer wollen bis auf weiteres keine Kurden mehr in die Türkei abschieben, deren Anträge auf Asyl bereits rechtskräftig abgelehnt wurden. Bayerns Innenminister Edmund Stoiber (CSU) sagte gestern, mit dem Abschiebestopp für kurdisch-türkische Asylbewerber solle ein Zeichen gegenüber der Türkei gesetzt werden.
Man könne die Regierung Özal nicht einerseits zur Aufnahme von Hunderttausenden Flüchtlingen aus dem Irak auffordern und andererseits weiterhin das vergleichsweise „winzige Problem“ einiger nicht anerkannter kurdischer Flüchtlinge „auf deren Rücken lösen“, so Stoiber. Allerdings bedeute die Regelung keine Abkehr vom Grundsatz der Einzelprüfung, sagte Stoiber. Weiterhin gelte, daß es einen generellen Abschiebestopp „nicht geben kann, geben soll und geben darf“.
Seinen Angaben zufolge können aufgrund des Erlasses etwa 200 türkische Kurden vorerst in Bayern bleiben, die sonst dieses Jahr hätten ausreisen müssen. Bundesweit seien 1990 rund 22.100 Asylbewerber aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Davon seien zwischen 30 und 50 Prozent kurdischer Herkunft.
Unterdessen haben Bayerns Grüne gegen eine erst vor wenigen Tagen durchgesetzte Abschiebung einer kurdischen Familie ins türkisch-irakische Grenzgebiet vehement protestiert. Vorstandssprecherin Heidi Meinzolt-Depner forderte einen generellen Abschiebestopp.
Hilfsaktionen für die Kurden starteten jetzt die kirchlichen Hilfswerke Caritas und Diakonie. Beabsichtigt ist, heute und am Samstag Zelte, Decken sowie Kinder- und Proteinnahrung in die Osttürkei zu fliegen, teilte eine Caritas-Sprecher mit. Der Verband hat für dieses Programm 500.000 Mark bereitgestellt.
Auch die „Arbeitsgruppe Golfkrieg“ im bundesweiten „Netzwerk Friedenskooperative“ appellierte gestern unter der Überschrift „Laßt die Kurden leben!“ um humanitäre, medizinische und politische Unterstützung für das kurdische Volk.
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