“Was ein Topf ist, hat ein Loch“

■ Jubiläums-Improvisationen 12 am Dienstag in der Buchtstraße

Trotz der bekanntermaßen geringen Bereitschaft des Bremer Jazzpublikums, sich auf Experimentelles von weniger Bekannten einzulassen, haben sich die VeranstalterInnen der „Reihe für improvisierte Musik u.a. Künste“ nicht davon abbringen lassen, ihr Konzept aufrechtzuerhalten. Zu den Jubiläums-Improvisationen (12) war ihnen einmal mehr Publikumsresonanz beschert. Der Saal war voll.

Die Verbindung von Sprache und Musik sollte austariert werden, jenseits herkömmlicher Formen. Sprache als Klang, Sprache als Geräusch. In verschiedenen Konstellationen wurden Texte und improvisierte Musik miteinander verbunden. Dabei spielte die Semantik des Gesprochenen nur eine untergeordnete Rolle. Die „Bearbeitung“ der Texte bewegte sich zwischen der Inszenierung babylonischen Sprachgewirrs und dem Auflösen von Satzstrukturen und ursprünglichen Bedeutungszusammenhängen. So wurden beispielsweise vier völlig unterschiedliche Texte gleichzeitig und in unterschiedlichem Duktus vorgetragen oder ein Text wurde durch rhythmische Verschiebungen, Sprünge, Auslassungen und Wiederholungen in Struktur und Bedeutung verändert.

Höhepunkte waren für mich: Eine Sequenz, in der Reinhard Schiemann (dr) und Hainer Wörmann (g) mit ihren Instrumenten eine wilde Soundebene schufen, gegen die H.P. Graf gekonnt eine, im Stil früher Wochenschauen dramatisch gesprochene, Textcollage setzte. Die doppelte Verfremdung — der vorgetragene Text verband verschiedene, im Original unabhängige Stränge einer Jelinek-Erzählung miteinander und der Vortragsstil stand in keinem Zusammenhang mit der Bedeutung des Gesagten — machte, ob gewollt sei dahingestellt, die Suggestionskraft von Sprache an sich beeindruckend deutlich. Gelungen auch die expressive Improvisation von Schiemann, Wörmann und Uli Sobotta (euph) über dem eingeblendeten, direkt vorher aufgenommenen brodelnden Stimmengewirr des Publikums, das gleichzeitig und lautstark verschiedene Texte vorgelesen hatte.

Eine gelungene, ebenso unterhaltsame wie herausfordernde Inszenierung (Idee und Konzept: Schiemann, Wörmann und Anne Schlöpke), die mit viel Beifall belohnt wurde und den „Improvisationen“ zukünftig hoffentlich mehr Resonanz verschafft. Arnaud