DIW: Ostdeutsche Industrie dramatisch eingebrochen

■ Der Zusammenbruch der Märkte kam „schlagartig“ mit Währungsunion

Berlin (dpa/taz) — Den größtenteils pessimistischen Prognosen über die Industrie in den ostdeutschen Ländern hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung gestern eine weitere negative Einschätzung hinzugefügt. In seinem neuesten Wochenbericht kommen die Wirtschaftswissenschaftler bei der Bewertung der Industrieproduktion zum Ergebnis: „dramatischer Einbruch“. Das Produktionsniveau ist danach im Jahresdurchschnitt 1990 um rund 30 Prozent niedriger gewesen als 1989.

Bereits im 1. Halbjahr sei eine rückläufige Nachfrage deutlich spürbar gewesen, der Zusammenbruch der Märkte habe sich aber schlagartig mit Beginn der Wirtschafts- und Währungsunion vollzogen. Die Unternehmen in Ostdeutschland hätten der westlichen Konkurrenz von Anfang an sowohl im Inland wie im westlichen Ausland nur wenig entgegenzusetzen gehabt.

Am stärksten schrumpfte die Produktion in den konsumnahen Branchen Textil-, Lebensmittel- und Leichtindustrie. Einbrüche gab es auch in der Metallurgie sowie der eisen-, blech- und der metallverarbeitenden Industrie. Ein Ursache dafür war der drastische Einbruch der Nachfrage nach inländischen Konsumgütern. Aber auch die schwierige Lage in anderen Bereichen, denen diese Branchen zuliefern, wie der Automobilindustrie, dem Landmaschinenbau, der Möbelindustrie und der Textilherstellung sowie der drastische Rückgang der traditionellen Exporte in die osteuropäischen Länder spielten eine Rolle.

In der Stahlindustrie werden die nicht mehr wettbewerbsfähigen Hochöfen stillgelegt. Die ausfallende Produktion wird durch Lieferungen aus den alten Bundesländern ersetzt, veredelter Stahl wieder zurückgeliefert. Auch in der chemischen Industrie, die einen Anteil von zwölf Prozent an der gesamten industriellen Produktion hat, seien drastische Produktionsrückgänge festzustellen. Die Produktionskosten liegen um bis zu 30 Prozent über dem Weltmarktniveau. Auch die 1990 höheren Rohölpreise hätten die Chemiebetriebe in den neuen Bundesländern hart getroffen, weil sie größtenteils sehr viel mehr Energie verbrauchten als vergleichbare Industrien im Westen.

Im Maschinen- und Fahrzeugbau und der Elektrotechnik/Elektronik/ Gerätebau mit Anteilen von 31 bzw. zehn Prozent an der gesamten Industrieproduktion waren die Einbrüche nicht ganz so stark. In diesen Industriesektoren, deren Strukturen durch große Kombinate geprägt sind, waren offensichtlich noch Großaufträge abzuarbeiten, so daß die Produktionstätigkeit zunächst weniger deutlich sank. dri