Duchac, Späth, Zeiss

■ Zeiss Jena und Lothar Späth sind unvereinbar

Erfurt. Der thüringische Regierungschef Josef Duchac (CDU) holte den früheren württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth (CDU) zu sich und bekam Ärger. Die Meldung seines Regierungssprechers, daß Späth jetzt „in thüringer Dienste“ tritt, war am Mittwoch nur wenige Stunden alt, als es schon die ersten geharnischten Proteste gab. Der Chef der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Gerd Schuchardt bezeichnete die Berufung als „beschämend“ für die CDU. Empörung auch bei den unmittelbar betroffenen: Zeiss-Betriebsrat Günther Reißmann bezeichnete Zeiss Jena und Lothar Späth so unvereinbar wie Feuer und Wasser. Erst knapp zehn Stunden später meldete sich auch der thüringische Wirtschaftsminister Dr. Hans-Jürgen Schultz (FDP) zu Wort. Hatte er von der ganzen Angelegenheit nichts gewußt oder war die Pressemeldung vom Morgen um ihn herum gegangen? Ihm war die Angelegheit so wichtig, daß er seine Erklärung noch am Mittwoch abend per Boten in die Redaktionen bringen ließ. Danach sei es nur eine „persönliche“ Beratung und sie sei mit „keinerlei offiziellen Auftrag durch die Landesregierung verbunden“. Und Minister Schultz betonte, daß er als Stiftungskommissar für Zeiss Jena beauftragt ist.

Der Regierungschef selbst konnte sich dazu nicht äußern, denn er hatte just an jenem Mittwochmorgen eine fünftägige Reise in die USA angetreten. In welcher Form er Parteifreund Späth auch beschäftigen oder anhören wird — ein Mißgriff ist es allemal. Immerhin ist das „Cleverle“ aus Stuttgart gerade darüber gestolpert, daß sein Verhältnis zur Industrie Baden-Württembergs zu eng und seine Unabhängigkeit bei seinen Regierungsentscheidungen in Frage gestellt werden mußte. Zu den von ihm geförderten Firmen gehört auch das Zeiss-Unternehmen mit Sitz in Oberkochen. Die über 27.000 Zeiss-Angestellten in Jena können sich zu Recht nicht vorstellen, daß gerade Herr Späth unvoreingenommene Ratschläge erteilen kann. adn