„Wie ein Gelbfieber“

■ US-Anwältin zur Stimmung gegen Verweigerer

taz: Du bist nach Deutschland gekommen, um US-Soldaten zu vertreten, die nicht in den Golfkrieg ziehen wollten. Auf welche Atmosphäre triffst Du dabei als Anwältin?

Clare Overlander: Die Stimmung hat sich total verändert. Heute gibt es eine triumphale Siegesstimmung beim US-Militär. Die US-Truppen wurden in den letzten 25 Jahren wegen der Auswüchse des Vietnam-Krieges eher unter Niedrigdruck gehalten. Aber nachdem Präsident Bush sagte, daß der Einsatz im Nahen Osten kein zweites Vietnam werden würde, sind die bewaffneten Truppen seinen Worten gefolgt. Und weil es für die Rechte von Kriegsdienstverweigerern in den USA keine laute Stimme gibt, hat dort kaum jemand eine wirkliche Ahnung davon, was Soldaten und Soldatinnen passiert, die dieses Recht wahrnehmen. Das Militär diskriminiert sie in jeder Beziehung.

Die Siegesstimmung ist wie ein Gelfbieber in den USA — bis in die Kirchen hinein. Das muß ich leider sagen.

In Deutschland sind pazifistische Positionen präsenter. Macht das Deine Arbeit hier einfacher oder womöglich noch schwerer als zu Hause?

Natürlich hoffen wir, daß die Situation in Deutschland die Verteidigung erleichtern wird. Ich bin erst seit einem Monat hier, aber ich bin sehr gestärkt und motiviert durch die Menschen in der deutschen Friedensbewegung. Ich habe so eine starke Solidarität noch nie erlebt. Das motiviert mich natürlich zur Weiterarbeit.

Und ich weiß, daß das amerikanische Militär die deutsche Friedensbewegung sehr aufmerksam beobachtet. Sie wollen natürlich gerne so tun, als sei ihnen das alles egal, aber gerne sehen sie es natürlich nicht. Allerdings sind die Anklagen, die die Soldaten hier bekommen, genauso hoch wie in den USA.

Viele der 50 US-Soldaten, die in der BRD vor dem Golfkrieg den Kriegsdienst verweigerert haben, sind noch auf der Flucht. Was würdest Du ihnen raten?

Mein bester Rat für die flüchtigen Soldaten wäre für mich persönlich nicht unbedingt der beste Rat... Aber sagen wir es so: Besorgt Euch einen zivilen amerikanischen Anwalt und arbeitet mit dem Military Counseling Network zusammen. Bereitet Euch mit ihnen zusammen auf Eure Rückkehr unter militärische Kontrolle vor. Denn jeder, der die Army unerlaubt verlassen hat, muß irgendwann zurückgehen, wenn er nicht für den Rest seines Lebens Flüchtling bleiben will. Fragen: Dirk Asendorpf