Männerphantasien gegen Frauenbeauftragte

■ Sexistisches Flugblatt kursiert im Statistischen Landesamt / Männerangst vor der Frauenquote

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DAS BILD

MIT DER FRAU

Kollegen-Flugblatt

Eine nackte Frau, die einen Männerstiefel leckt — mit einem derart eindeutigen selbst zusammengeschnibbelten Comic wurden zwei MitarbeiterInnen des Statistischen Landesamtes (StaLa) mit den Männerphantasien ihrer Kollegen konfrontiert.

Sie hatten offenbar zuviel Frauenpower an den Tag gelegt: Eine von ihnen hat sich auf eine Stelle beworben, für die sich auch einige Männer der Diensstelle interessieren. Die andere ist die vom Personalrat benannte Frauenbeauftragte des StaLa. (Beide Frauen wollen nicht namentlich genannt werden.)

Na endlich! Die Weiber werden wieder normal! steht auf dem „schweinische Flugblatt“ (Renate Slaby von der Zentralstelle für die Gleichberechtigung der Frau), das beide in der letzten Woche in ihrem Postfach vorfanden, und zwar unmittelbar vor der Personalratssitzung, die über die Bewerbungsliste befinden sollte. „Meine Kollegin kam zitternd mit dem Schmierblatt zu mir“, so die Frauenbeauftragte des Personalrats. „Ich hab den Wisch dann beim Personalrat auf den Tisch gelegt. Die Frauen reagierten empört, die Männer haben sich nur angesehen und das Blatt wieder auf den Tisch gelegt.“ Besondere Pikanterie des Falles: Auch einige männliche Personalratsmitglieder hatten sich auf die Stelle beworben, ließen sich allerdings auf der entscheidenden Sitzung vertreten.

Als „Täter“ kommt nur ein StaLa Mitarbeiter in Betracht, denn „Außenstehende kommen an die Postfächer nicht heran.“ Der Personalrat distanzierte sich inzwischen per Flugblatt von der sexistischen Anmache. Die ÖTV- Betriebsgruppe forderte den unbekannten Verfasser auf, falls er denn Gewerkschaftsmitglied sei, die Organisation umgehend zu verlassen.

Die anonyme Schmierblatt-Aktion in StaLa fällt zeitlich zusammen mit einer Auseinandersetzung im Gartenbauamt. Dort konkurrieren ebenfalls ein Mann und eine Frau um eine Stelle. Die Betriebsleitung wollte den Mann, der Personalrat setzte, unter Berufung auf das seit November 1990 geltende Gleichstellungsgesetz, die gleich qualifizierte Frau auf Platz Eins der Bewerbungsliste. Die Schlichtungsstelle gab dem Personalrat Recht, der abgewiesene Mann versuchte es vor dem Arbeitsgericht erneut. Am Montag ist „Güteverhandlung“.

Im StaLa brauchte das Gleichstellungsgesetz gar nicht bemüht zu werden, denn Dienststellenleitung und Personalratsmehrheit waren sich einig in der Wahl der Frau. Gleichwohl ist das Gesetz zur Zeit Thema in allen Dienststellen des Landes Bremen. Derzeit werden die Wahlen für die nach dem neuen Gesetz vorgeschriebenen Frauenbeauftragten vorbereitet. In fast allen der 118 „personalratsfähigen“ Diensstellen (mit mindestens fünf Beschäftigten) haben in den vergangenen Wochen Frauenversammlungen stattgefunden, auf denen die Wahlvorstände nominiert wurde. Seit Dienstag hängen größtenteils die Wahlausschreiben aus, erste Wahlvorschläge sind bereits eingegangen. Bei vielen Männern geht die Angst vor der Quote um, vermuten die Frauen.

„In dem Blatt trifft alles zusammen, was wir seit Jahren an Sexismus und Anmache in den Betrieben anprangern“, meint Cornelia Zahncke von der ÖTV, die von Gewerkschaftsseite die Wahlen betreut. „Der Fall hat den Schmierfinken eher geschadet“, glaubt eine der beiden attackierten Frauen aus dem StaLa. „Die Empörung darüber hat einige Frauen ganz schön munter gemacht.“ Annemarie Struß-von Poellnitz