Halb Spanien in Aufruhr wegen Abtreibung

Kirche droht Abtreibenden mit Exkommunizierung  ■ Aus Madrid Antje Bauer

Die Auseinandersetzung um den Gynäkologen German Saenz de Santamaria aus dem andalusischen Malaga nimmt immer absurdere Formen an. Der Arzt war im vergangenen März zu vier Jahren Knast verurteilt worden, weil er an einer Vierzehnjährigen, die von einem Familienmitglied mißbraucht worden war, einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen hatte.

Nachdem er ein paar Tage im Knast verbracht hatte, war er am vergangenen Wochenende von der Regierung begnadigt worden. Beim Verlassen des Knastes hatte er sich jedoch heftig gegenüber der „reaktionären“ Justiz geäußert, was eine Richterin zum Anlaß nahm, ihn am Tag darauf wegen Obrigkeitsbeleidigung erneut einzuknasten. Saenz de Santamaria hat inzwischen einen Hungerstreik begonnen. Während die Justiz ein Ermittlungsverfahren gegen den Arzt eingeleitet und sich auch das oberste Kontrollorgan, der Generalrat der Justiz, kritisch gegenüber dem Arzt geäußert hat, untersucht unterdessen die Ärztekammer von Malaga, ob sie Saenz de Santamaria ausschließt, da eine Abtreibung außerhalb des gesetzlichen Rahmens gegen den ethischen Kodex verstoße. Ein Ausschluß aus der Ärztekammer hätte ein Berufsverbot in ganz Spanien zur Folge.

Die Richterin, die den umstrittenen Haftbefehl ausgestellt hat, wurde inzwischen von der Richtervereinigung in Malaga klar unterstützt, wohingegen die progressive Vereinigung „Richter für die Demokratie“ heftige Kritik übte. Die Richterin, selbst Mitglied in dieser fortschrittlichen Vereinigung, hatte sich zuvor mehrfach gegen die Verhängung von Untersuchungshaft wegen Obrigkeitsbeleidigung ausgesprochen. Nach der Kritik durch ihren Verein trat sie aus.

Die Gunst der Stunde nutzend, ist auch die Kirche auf den Plan getreten, mit einem Text, in dem die Gläubigen daran erinnert werden, daß Abtreibung eine schwere Sünde ist, die die automatische Exkommunizierung aller Beteiligten nach sich zieht. Rechtzeitig vor den Gemeinderatswahlen im kommenden Mai riet der Hilfsbischof von Madrid und Mitverfasser des Dokuments den Gläubigen, diejenige Partei zu wählen, die von diesen Positionen am wenigesten weit entfernt sei — ein dezenter Hinweis auf die rechte „Volkspartei“, die zwar das bestehende Abtreibungsgesetz mit seiner Indikationsregelegung bejaht, jedoch sich gegen eine Ausweitung sperrt.