Stand die Stasi Terror weltweit Pate?

■ Nach Berichten des ostdeutschen Magazins 'extra‘ und des „heute“-Journals lesen sich die internationalen Stasi-Verbindungen wie ein Who's who der Terroristenorganisationen dieser Welt

Berlin (taz) — Es liest sich wie eine Räuberpistole, und doch könnte es wahr sein: Das in den fünf neuen Bundesländern erscheinende Wochenmagazin 'extra‘ berichtete gestern unter dem Titel Enthüllung über das vermeintlich wahre Ausmaß der Kooperation des früheren Staatssicherheitsdienstes der DDR mit terroristischen Gruppierungen. Ähnliches enthüllte am Abend zuvor auch das heute-Journal. Tenor beider Berichterstattungen: Von den Contras und den rechten Ultras in Südafrika abgesehen, gibt es nahezu keine militante oder terroristische Bewegung auf dieser Welt, die nicht auf die Hilfe und Ausrüstung durch die Stasi zurückgreifen konnte.

Beiden Berichten ist der Rückgriff auf die Hauptabteilung XXII des Staatssicherheitsdienstes gemeinsam, der bis in die jüngste Vergangenheit Kontakt zu allen möglichen Terrororganisationen gehalten haben soll. 'Extra‘, so etwas wie der „'stern‘ des Ostens“, verbuchte als Stasi-Adressaten die Gruppe um den meistgesuchten Terroristen Abu Nidal, darüber hinaus auch die palästinensische Befreiungsfront des Achmed Jibril und die Demokratische Front von Nayif Hawatmeh. Waffeneinkäufer bei der Stasi war dem Magazin zufolge — über den Umweg der KoKo-Firma des Stasi-Obristen Schalck-Golodkowski — auch der libysche Staatschef Muammar al Gaddafi.

Und als Nachschlag zur offenkundigen Unterstützung der Roten Armee Fraktion (RAF) referierte der Autor, daß die Stasi über vier inoffizielle Mitarbeiter (IM) bis Ende 1989, also bis zur Wende, den Kontakt zur RAF und ihrem politischen Umfeld gehalten hat.

Nach Berichten des heute-Journals sollen auch Verbindungen zu den arabischen Gruppen unter der Führung von Abu Ibrahim und Abul Abbas bestanden haben. Kontakte soll es danach aber auch zur Geheimarmee Armeniens, zu tamilischen Befreiungsbewegungen, zur spanischen ETA, zur japanischen Roten Armee und zu südamerikanischen Gruppen wie dem „Leuchtenden Pfad“ gegeben haben. Neben der Hamburger Hafenstraße wurden hier auch Kontakte zur RAF, Gruppe Frankfurt, und zu den Autonomen in Berlin aufgelistet. Ist es für 'extra‘ in erster Linie ein Hauptmann namens „Stasch“, der als Leiter der Abteilung 8 in der Hauptabteilung XXII (Terrorabwehr“) die Verbindungen gehalten hat, so beruft sich der Rechercheur der TV-Nachrichten auf den flüchtigen Oberstleutnant Helmut Voigt (ebenfalls in der Hauptabteilung XXII), der mit anderen Stasi- Offizieren einen konspirativen Zirkel unter dem Namen „Selbsthilfegruppe“ geführt haben und Mord- und Entführungspläne gegen Regimegegner im In- und Ausland ausgeheckt haben soll. Einen schlüssigen Beleg blieben beide Berichte schuldig — worauf sie sich stützen, ist nicht bekannt.

Eine Behauptung der 'extra‘-Redaktion ist indessen besonders pikant: schon am 22. Mai 1987 soll der US-Botschafter in der DDR, Francis J. Meehan, im Ostberliner Außenministerium den Leiter der Abteilung USA, Herbert Barth, mit detaillierten Berichten über die Geschäfte zwischen Schalk-Golodkowskis Firma „Imex“ und der Abu-Nidal- Gruppe konfrontiert haben. In Geheimverhandlungen soll Staats- und Parteichef Honecker anschließend versprochen haben, bei der Bekämpfung des Terrorismus mit dem Westen eng zusammenzuarbeiten. Die US-Administration soll im Gegenzug ihr Schweigen versprochen haben. Wolfgang Gast