Bürokratie behindert zügige Investition

■ Milliardenbeträge aus dem „Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost“ können nicht abgerufen werden/ Kommunale Verwaltungen kommen noch nicht mit komplizierten Verfahren klar

Berlin — Zwei- und dreistellige Millionenbeträge aus dem von der Bundesregierung Anfang März aufgelegten 12-Milliarden-Mark-Programm „Gemeinschaftswerk Aufschwung-Ost“ fließen nunmehr auf Konten der Kommunen. Das Geld ist für dringende Investitionen vorgesehen. Doch allein volle Kassen lösen keine Probleme: Überforderte Verwaltungen sowie komplizierte Genehmigungs- und Ausschreibungsverfahren verhindern eine zügige Umsetzung der Investitionen. Noch am vergangenen Wochenende, beim Treffen von Kanzler Kohl mit Thüringer Kommunalpolitikern in Erfurt, war den Landräten und Bürgermeistern die Erleichterung über den warmen Geldregen anzumerken. „Endlich kann es losgehen. Das Geld ist da“, sagte Landrat Thomas (CDU). Erfurts OB Ruge geriet ob der avisierten 65 Millionen aus der Investitionspauschale gar ins Schwärmen: „Das ist mehr, als jemals in einem Jahr in Erfurt investiert werden konnte.“ Der Präsident des Thüringer Landkreistages, Reinholz, würde noch viel mehr Fördertöpfe des Aufschwung-Programms anzapfen. Doch dem stehen seiner Ansicht nach „komplizierte Genehmigungsverfahren“ entgegen. Die von den Altbundesländern übernommenen „Spielregeln“ seien viel zu langwierig.

Auch anderswo in den FNL zeigt sich immer deutlicher, daß es für private wie öffentliche Investitionen vielfach an entscheidenden Rahmenbedingungen mangelt: Effiziente Verwaltungen sind noch längst nicht vorhanden, in dem aus dem Westen importierten Paragraphen-Dschungel des Planungsrechts kennt sich im Osten kaum einer aus. Die Folge: Das Geld bleibt auf dem Konto liegen. Um es zu erhalten, sind Auflagen zu erfüllen: Flächennutzungs- und Bauleitpläne müssen erstellt und Projekte vorbereitet sein. „Da blicken die Bürgermeister offensichtlich nicht mehr durch, weil Genehmigungen von mehreren Ministerien eingeholt werden müssen“, berichtet die Pressesprecherin des Wirtschaftsministeriums von Mecklenburg-Vorpommern. Täglich rufen in Schwerin 25 Bürgermeister mit Fragen zur Antragstellung an und wofür es Geld gibt. Angesichts der Not verfahren die Verwaltungen recht pragmatisch. Damit die Investitionen unverzüglich angepackt werden können, sind im Landratsamt Kreis Schwerin verkürzte Ausschreibungsverfahren eingeleitet worden. Die Baufirmen werden angeschrieben und die besten Angebote ausgewählt. Häufiger profitieren Gemeinden aber von einem eher unbeabsichtigten Nebeneffekt des „Gemeinschaftswerkes“: Die Kommunen, die noch keine Investitionsprojekte ausgearbeitet hatten, erkannten schnell, daß ihnen das Geld auch auf dem Konto nutzt. So hat die Stadt Rostock die ihr zugewiesenen 76,9 Millionen Mark zunächst einmal gut angelegt. dpa