Klein, aber zackig

■ Die zweite Bremer Briefmarken-Börse wurde gestern in der Stadthalle eröffnet

„Hamse die von Bolivien? Postfrisch?“ Hat er nicht. Aber die 29er 78 bis 86 gestempelt und als Block könnte er liefern. Die wieder will der ergraute Sammler nicht. Kurzfristig erwärmt er sich für ein Sonderangebot: In einem angeleinten Verkaufsalbum — „manche kennen da ja nix“, mißtraut der Händler seiner Klientel — wird die Ehrenlegion contre le Bolchevisme für schlappe 500 als achtteilige Serie feilgeboten. Aber dann — lieber doch nicht, unser Mann stiefelt weiter zum nächsten Stand auf der Suche nach Bolivien, postfrisch.

Wo Händler und Geschäftsvertretungen das Feld beherrschen , erklärt Herr Wenz vom Bund Deutscher Philatelisten, das sei bloß der „merkantile Teil“ der Zweiten Bremer Briefmarken- Börse (BBB), die gestern in der Stadthalle eröffnet wurde. Ihr angeschlossen ist die Ausstellung „Bremer Roland –91“; abseits von Tausch und Schacher kommt hier der wahre Liebhaber auf seine Kosten.

Unterteilt in offene-, Ehren- oder Wettbewerbsklasse und noch allerlei außer Konkurrenz ist hier Gezacktes in allen Variationen zu sehen:

Ein junger Rehbock glotzt kuhäugig von einem Quadratcentimeter — er schmückt die kleinste Briefmarke der Welt. Gebürtig aus Mecklenburg-Schwerin hängt sie

hierhin bitte

die Roland-Briefmarke

nun als besondere Attraktion in Bremen. Noch feiner ist nur noch die „Ziffer mit Posthorn“. Für Laien fast enttäuschend ringelt sich der Schriftzug „Deutsche Bundespost“ auf 20 Tafeln etwas mickrig um die Ziffer mit dem Posthorn, aber „da kann Bremen stolz drauf sein, daß die hier ist“, gerät ein Kenner in Extase.

Sie hängt in der Ehrenklasse, und eine Goldmedaille ist ihr gewiß, wenn die zehn extra angereisten Briefmarken-Juroren am Sonntag zur Prämierung schreiten. Sie kommen „aus allen Teilen der Republik, sogar aus'm Osten“, so Herr Wenz, „und sind ausgebildet wie die Fußballschiedsrichter“. Aber auch wer das nicht ist und sich bloß an den bunten Bildern freut, kann auf ausliegenden Zetteln seine Meinung kundtun und in Urnen versenken. Einen Preis gibts dafür aber nicht. Susanna Moßmann