Das Zukünftige blieb blaß

■ Die Chefredaktion des ZDF lud in Berlin zur Jahrespressekonferenz

Eigentlich hätte Europas größte Fernsehstation ja stolz sein können, war der Mainzer Sender im vergangenen Jahr doch immerhin Deutschlands Informationskanal Nummer eins. Nicht nur die Hauptnachrichtensendung Heute lag um 3% besser als die Tagesschau in der Publikumsgunst, auch das heute-journal hat die Tagesthemen hinter sich gelassen. Aber eine rechte Freude mochte bei der Chefriege auf der diesjährigen Jahrepressekonferenz nicht so recht aufkommen, zu sehr schien die Herren die Pressekritik zu wurmen, die das ZDF für die Golfberichterstattung hatte einstecken müssen. Natürlich war das kein Ruhmesblatt für das Fernsehen, gestand denn auch Ulrich Kienzle ein, aber, und das folgende Argument wiederholte er gleich dreimal, so als ob es dadurch gewichtiger würde, die schreibende Zunft wußte doch auch nicht mehr.

Für Chefredakteur Klaus Bresser waren es die Erwartungen, die einfach zu hoch waren. Denn nach dem Umbruch im Osten, wo der Zuschauer Geschichte live am Bildschirm miterlebte, erwartete man zu viel. Zwar war man zerknirscht darüber, daß man seitens der Militärs instrumentarisiert worden war, doch die Lehre aus der „größten Desinformationskampagne der Kriegsgeschichte“ (Kienzle) war wenig hoffnungsvoll: „In einer ähnlichen Situation wären wir genauso ohnmächtig.“

Augenscheinlich hatte die Tristess von Ostberlin, wo die Veranstaltung stattfand, doch starken Eindruck auf die Mainzer gemacht, denn gleichsam so, als ob sie das schlechte Gewissen über das dicke Finanzpolster plage, gab man immer wieder zu verstehen, was man schon alles für diese Stadt getan hätte und noch zu tun gedenke: Der Mainzer Sender produziert 6% seines Gesamtprogramms in Berlin und auch das Frühstücksfernsehen soll aus Berlin kommen. Beim aspekte-Magazin ist man noch am überlegen.

Da bei solchen Veranstaltungen bekanntlich der Blick zurückgeht, ging es auch diesmal um Anstrengungen, Erfolge und Bilanzen. Die Aussagen übers Zukünftige — immerhin soll das Jahr 91 die Bewährungsprobe für die deutsche Einheit sein — blieben eigentümlich blaß. Zwar ist da im Presseheft von Integration die Rede und von den Gegensätzen zwischen Ost und West, die man vermittels des Dialogs überwinden müsse, das konkrete Angebot aber — ich meine Sendeplätze — ist mehr als dürftig. Eine sechsteilige Reihe über das Unternehmen Barbarossa („Der verdammte Krieg“) wird da avisiert, einige Reportagen und natürlich der Länderspiegel und der sonntägliche Blickpunkt. Ansonsten wird auf die bekannten Nachrichtensendungen und Magazine verwiesen. Da werden sich die sechs neuen Korrespondenten (Susanne Biedenkopf, Erfurt; Kristina Hansen, Schwerin; Wolfgang Kramer, Magdeburg; Friedrich Mönckmeier, Dresden; Giselher Suhr, Potsdam; Klaus Wilhelm, Leipzig), die das ZDF gen Osten geschickt hat, schon mächtig ins Zeug legen müssen. Zwar sind das alles Westprofis, aber in einer Situation, in der die Talsole noch nicht erreicht ist, weder das Negative noch das Positive zu verschweigen, wie es der Intendant kürzlich gefordert hat, das verlangt schon besondere Fertigkeiten. K.s.