Bonn apart: Unsere Jungs: "Durchs wilde Kurdistan"

■ Mit der Sensibilität einer Panzerfaust korrigiert unsere Bundeswehr das Bild vom notleidenden kurdischen Volk

Das Leben, ach, welch stetig Kommen und Gehen ist es doch. Auch in den Bergen Kurdistans. Die einen erklettern sie gerade zu Hundertausenden unter unvorstellbaren Qualen, vom Leid gezeichnet, viele dem Tode nah. Die anderen, sie kommen gerade daher: Unsere Oliven von der Bundeswehr. Und sie erstatten jetzt Bericht, beseelt von der branchentypischen Sensibilität einer Panzerfaust, in der Hardthöhen-Gazette 'Bundeswehr aktuell‘. Wie schade, daß die hungernden und frierenden Kurden dieses bewegende Elaborat nicht werden lesen können. Denn die ergreifende Reportage unserer Allianz-Hilfstruppen über ihren Rücktransport mit dem Titel „Über tiefe Schluchten und schneebedeckte Pässe“ könnte dem darbenden kurdischen Volk wahrlich neue Kraft und Moral geben, eine andere, erfüllende Sicht der Dinge vermitteln.

Wildromantisch erlebten unsere fernverschickten Vaterlandsverteidiger „einen langen Weg über abenteuerliche Straßen“, bei dem „die Kulisse an Karl Mays Erzählungen erinnerte“, so daß die lebenslustigen Soldaten nachgerade „ins Schwärmen gerieten beim Landmarsch durchs wilde Kurdistan“. Oh, dankbares Bergvolk, euch „gefiel die Truppe“. Und zum völkerverständigenden Dank „ein stolzes Souvenier“: „Ein Kurde auf einem Esel klebte sich den Aufkleber ,Auch nachts hellwach‘ auf seinen Sattel.“ Selige Erinnerungen.

Zeiten des gemeinsamen Glücks — für die militärischen Nachfahren Kara Ben Nemsis und auch für die fröhlichen Einheimischen: „Begeisterte Menschen begrüßten die ,Füchse‘ und ,Rolands‘“. Und weiter: „Humanität und Menschlichkeit schufen schnell Vertrauen“, als en passant „ein verbrühtes Kind nach allen Regeln ärztlicher Kunst behandelt“ wurde. Selige Erinnerungen, wir neiden sie Euch, Soldaten.

Auch landesintern sorgt die Armee für Schlagzeilen: etwa mit dem „herausragenden historischen Ereignis“, daß der deutsche Bundeswehr-Verband seinen „Landesverband Ost“ gegründet hat. Und der gibt zu allen Hoffnungen Anlaß — denn ein ganz besonderes „preußisches Pflichtbewußtsein, auf das man stolz sein kann“, hat Obersoldat Generalinspekteur Wellershoff bei den Uniformwechslern ausgemacht. Welch selige Zukunft.

Indes murrt der Oberlausitzer SPD-Abgeordnete Matterne, die Bundeswehr wolle die alten, hochgradig verseuchten NVA-Truppenübungsplätze ökosündig weiter benutzen und überhaupt „ihre Aktivitäten in den Osten verlagern“. Sein Verdacht: die wehrlose, apathische Bevölkerung in den FNL solle ganz cool ausgenutzt werden. Seine Klage: Dies sei zudem „ein falsches politisches Signal gegenüber unseren polnischen Nachbarn“. Bernd Müllender