Biedenkopf fordert mehr Geld für die FNL

Bonn (afp) — Der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) rechnet damit, daß bis ins Jahr 2000 noch erhebliche Geldmittel in die neuen Länder fließen müssen. Bei den in diesem Jahr vereinbarten Anstrengungen könne es sich nicht um eine einmalige Aktion handeln, sagte Biedenkopf am Freitag vor Journalisten in Bonn. Er warnte davor, angesichts der desolaten Lage der früheren DDR-Wirtschaft von zu hohen Wachstumszahlen in den neuen Ländern auszugehen.

Falls das Brutto-Inlandsprodukt (BIP) pro Kopf in Ostdeutschland zur Jahrtausendwende bei 75 Prozent des West-Niveaus liegen sollte, müsse ein jährliches Wachstum von 17 Prozent erzielt werden. Solche Wachstumsraten seien aber noch nie erreicht worden. Deshalb müsse es in den nächsten Jahren in Deutschland eine „gespaltene Wirtschaftspolitik“ für die alten und die neuen Länder geben.

Biedenkopf stellte gemeinsam mit dem Leiter des Bonner Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft (IWG), Meinhard Miegel, eine Studie zur wirtschaftlichen Entwicklung in der einstigen DDR vor. Demzufolge zählen die neuen Länder zu den ärmsten Regionen der Europäischen Gemeinschaft. 1989 lag das BIP bei etwa einem Drittel des West-Niveaus, derzeit beträgt es sogar nur etwa 25 Prozent. Erst 1994 könnten wieder die Zahlen von 1989 erreicht werden, allerdings nur dank massiver Transfers aus den alten Ländern. Die früheren DDR-Bürger müßten wissen, daß ihr Wohlstand auf längere Sicht zu einem erheblichen Teil nicht von ihnen, sondern von den Menschen im Westen Deutschlands erarbeitet werde.

Nach Biedenkopfs Worten kann auch bei größten Anstrengungen in der ehemaligen DDR nur ein durchschnittliches Wachstum von neun bis zwölf Prozent erreicht werden. Der sächsische Ministerpräsident wandte sich in diesem Zusammenhang dagegen, an die neuen Länder unerfüllbare Forderungen zu richten. Beispielsweise würde der geplante drastische Subventionsabbau in Ostdeutschland dem Abbau von 65 Milliarden Mark Subventionen im Westen entsprechen. Dies sei für die Menschen in den neuen Ländern „politisch nicht zumutbar“. Biedenkopf schloß auch weitere Steuererhöhungen in Zusammenhang mit dem Einigungsprozeß nicht aus. Die geplante Zusammenarbeit aller Bonner Parteien mit Ausnahme der PDS bezeichnete er als „außerordentlich begrüßenwert“.