Spranger entdeckt Afrika vor der Haustür

Der Entwicklungshilfeminister besuchte Kenia, Tansania und Simbabwe und schaute sich Bilder von Entwicklungsprojekten an  ■ Aus Harare Willi Germund

„Kein Eis bitte“, sagt Carl-Dieter Spranger, als ihm ein Sprudelwasser serviert wird. Bakterien, so plagt den Franken bei seiner ersten Afrika- Reise die gleiche Furcht wie viele Touristen, könnten sonst das Reiseprogramm sabotieren. Dem Wunsch wird sofort Rechnung getragen: Das Eis wird entfernt, das gleiche Sprudelwasser im gleichen Glas wieder kredenzt. Hilflos lachend rührt Spranger den Drink dennoch nicht an: Das Eis könnte ja Spuren hinterlassen haben.

Dritte-Welt-Kost, das wird in Simbabwe deutlich, bereitet Bonns frischgebackenem Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit noch in vieler Hinsicht Probleme. Als polternder Verfechter der „inneren Sicherheit“ bekannt, bewegt sich der CSU-Mann zum Abschluß seiner gut einwöchigen Stippvisite in Tansania, Kenia und Simbabwe auf leisen Sohlen. Geduldig hört der Minister sich die Vorträge von deutschen GTZ- Entwicklungshelfern an. Er läßt sich an Schaubildern vorbeiführen und hört von den Folgen einer Trockenheit in Masvingo. Doch so abgehoben manches GTZ-Projekt scheint, so abgehoben bleibt auch Sprangers Besuchsprogramm. Einen Wasserbrunnen sieht er nur auf dem Papier. Kaninchenställe werden auf einem Plakat bewundert. Im Silveira-Haus der Jesuiten nahe Simbabwes Hauptstadt Harare besteht der Kontakt mit angepaßter Technologie aus der Besichtigung von einigen Werkzeugen.

Vor allem für Kirchenprojekte, so die Order aus Bonn, interessiere sich der Minister. Keine schlechte Idee: Denn Dank des persönlichen Engagements kirchlicher Entwicklungshelfer, die oft jahrzehntelang am gleichen Platz arbeiten, ist sie möglicherweise die effektivste Hilfe. In der Provinz Masvingo sieht der Minister das Gegenstück: CARD, ein teures Beratungsprojekt der GTZ für andere Entwicklungshilfeorganisationen. Doch problematisiert wird der Kontrast nicht. Und vom Deutschen Entwicklungsdienst, der in Simbabwe immerhin 60 Mitarbeiter hat, bekommt der Minister nicht einen Vertreter zu Gesicht.

Warnkes Schwerpunkt Lateinamerika soll unter Spranger durch die „armen Staaten Afrikas“ ersetzt werden. Der neue Minister: „Denn dort liegen die Probleme der Dritten Welt vor unserer Haustür.“ Aber die wichtigsten Grundlinien der Politik werden nicht angetastet. Die politischen Eckpfeiler stehen weiter. Spranger: „Die Rahmenbedingungen müssen stimmen.“ Dazu gehören nicht nur Menschenrechte und demokratische Regierungsformen, dazu gehören auch weiter die Widersprüche, die aus einer solchen Haltung entstehen. Der Fall Kenia zeigt dies deutlich. Dort überreichte der Minister eine Liste mit Verletzungen von Menschenrechten. In Simbabwe erklärte er der taz: „Die Lage dort (in Kenia) wird keine negativen Auswirkungen auf unsere Entwicklungshilfe haben.“

Auch in der Wirtschaftspolitik müssen die Bedingungen laut Spranger stimmen. Was freilich seinem Redenschreiber dazu einfällt, klingt teilweise recht verquast: „Eine marktwirtschaftlich ausgerichtete Wirtschaftsordnung mit sozialer und ökologischer Verantwortungsbereitschaft ist auch in den Entwicklungsländern das geeignete Fundament für eine nachhaltige Entwicklung.“

Noch in diesem Jahr will Spranger gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen Pelletier durch Afrika reisen. Vielleicht bringt ihm dies Inspiration. Sprangers Mitarbeiter plädieren für Fairneß: „Geben Sie ihm wenigsten 100 Tage im Amt.“ Auf die Frage, was er bei seinem Afrika-Besuch gelernt hat, antwortet Spranger: „Die Ursachen der Unterentwicklung sind in Asien, Lateinamerika und Afrika gleich. Die kannte ich schon vorher.“

Siehe auch Seite 15

und Kommentar auf Seite 10