CDU-Schatzmeister soll nicht in den Knast

Parteispenden-Affäre: Staatsanwaltschaft fordert 15 Monate auf Bewährung für Leisler-Kiep  ■ Von Walter Jakobs

Düsseldorf (taz) — Im letzten großen Prozeß gegen die illegalen Geldwäscher aus Bonn soll auch CDU- Schatzmeister Leisler-Kiep mit einem blauen Auge davonkommen. Wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung von insgesamt ca. neun Millionen Mark hat die Staatsanwaltschaft am Dienstag in Düsseldorf eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von 15 Monaten für den seit 1972 amtierenden CDU-Schatzmeister gefordert. Für seinen Generalbevollmächtigten Uwe Lüthje beantragten die Ankläger neun Monate auf Bewährung. Zusätzlich muß Kiep 300.000 Mark und Lüthje 50.000 Geldbuße entrichten. Nach der Beweisaufnahme vor der 3. Strafkammer des Düsseldorfer Landgerichtes steht für die Ankläger fest, daß Kiep für die CDU mindestens 17.655.000 Mark an Spenden illegal über die Staatsbürgerliche Vereinigung (SV) akquiriert hat. Dabei seien Steuern in Höhe von 8.925.000 Mark hinterzogen worden. Mit dem Strafantrag wollten die Bonner Staatsanwälte Andreas Schütz und Helmut Dropmann, die in ihrem Plädoyer den massiven politischen Druck auf die Ermittlungsbehörden kritisierten, ein Zeichen dafür setzen, daß die „Durchsetzung der Steuergesetze ohne Ansehen von Personen“ geschehe. Tatsächlich kamen die Angeklagten trotz der „exorbitanten Höhe des Steuerschadens“ (Dropmann), wie schon die anderen Größen aus Politik und Wirtschaft, billig davon. Möglich gewesen wäre eine Höchststrafe von drei Jahren und neun Monaten.

Die Staatsbürgerliche Vereinigung (SV), vom Bundesverband der Deutschen Industrie aus der Taufe gehoben, war die größte Spendenwaschanlage der Republik. Über 200 Mio. Mark sind über diese Vereinigung illegal den Parteien, hauptsächlich CDU und FDP, zugeschoben worden. Ausgestattet mit der Spendenquittung der Tarnorganisation SV erstattete der Fiskus den Parteispendern gut die Hälfte des gespendeten Geldes zurück. Kiep verabredete die illegale Spendenpraxis über acht Jahre lang höchstpersönlich mit den Industriellen. Regelmäßig fanden dazu im Höseler Privathaus des Düsseldorfer Waschmittelkönigs Konrad Henkel Treffen statt, wo die Finanzierung der CDU-Wahlkämpfe besprochen wurden. Zum sogenannten „Höseler Kreis“ zählte der Puddingfabrikant Oetker, aber auch Ex-Daimler Chef Joachim Zahn und der zu zwei Jahren Haft verurteilte Flick-Manager von Brauchitsch. Der Ex-Flick-Manager, in Düsseldorf als Zeuge vernommen, hatte seinen ganzen Haß auf die Ankläger einem Vertrauten gegenüber in wenig herrschaftliche Worte, die von zwei Journalisten aufgeschnappt wurden, gekleidet: Staatsanwalt Schütz sei eine „SPD-Nutte“.

Aus beschlagnahmten Schreiben an Kiep und Lüthje geht hervor, daß die Industriellen, die an die SV spendeten, vom tatsächlichen Verbleib des Geldes wußten. Bielefelds Puddingunternehmer Oetker unterstrich als Zeuge vor Gericht Kieps aktive Rolle bei dem illegalen Deal. Er habe immer „darauf gewartet, bis ich angesprochen wurde“.

Sollte das Gericht der Staatsanwaltschaft folgen, wird Kiep nicht in Armut versinken. Zwar schwieg der smarte Schatzmeister sich vor Gericht über seine Einkommensverhältnisse aus, doch der Steuerfahnder sprang ein. Bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von zwei Mio. Mark dürfte die Zahlung der Geldbuße ohne Rückgriff auf das Sozialamt zu schaffen sein.