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Aids-Modellstellen laufen aus

■ Aids-Arbeit im „Rat & Tat-Zentrum“ gefährdet / 41 Aids-Kranke begleitet

Die Krankheit Aids ist aus den Schlagzeilen verschwunden, aber nicht aus der Stadt. „Die Kurve der Neu-Infektionen verläuft flacher als befürchtet, aber sie steigt“, lautete gestern die Auskunft im Schwulen-Zentrum „Rat & Tat“. 50 BremerInnen sind bereits an Aids gestorben, 300 an Aids erkrankt, 1.000 HIV-infiziert. Doch die weitere Zunahme der Infektionen bedeutet nicht, daß zumindest die bisherigen Stellen in der Aids-Arbeit auch abgesichert sind. Die Mitarbeiter des Bremer „Rat & Tat-Zentrums“ fürchten akut um die drei Modellstellen, die ihnen das Bundesgesundheitsministerium vor vier Jahren gewährt hat.

Am 30. Juni läuft die erste der drei Stellen aus. Vorstandsmitglied Jochen Driefmeier forderte gestern vom Bremer Senat, die drei Aids-Berater abzusichern. Helga Loest, Sprecherin der Gesundheitssenatorin: „Es ist ein Unding, daß sich ein finanzschwacher Stadtstaat wie Bremen so viele Stellen aus den Rippen schneiden soll. Frau Rüdiger setzt sich in Bonn hartnäckig dafür ein, daß die Stellen bis Ende 91 weiterfinanziert und danach zur Hälfte gefördert werden.“

Siebzig Prozent der HIV-Infizierten sind Homosexuelle. Dies ist auch die Zielgruppe der Berater von „Rat & Tat“. Sie haben 1989 gemeinsam mit ehrenamtlichen Mitarbeitern 19 Personen mit dem Vollbild Aids begleitet, 1990 steigerte sich diese Zahl auf 41. Aids-Berater Bernd Thiede, seit über fünf Jahren im Amt: „Die Betroffenen wenden sich an uns, und wir versuchen, einen Weg zu finden, positiv mit der Infektion zu leben.“ Sein Kollege Marcus Kaminski: „Es ist wichtig, das Ergebnis des HIV-Tests für sich anzunehmen, um vielleicht noch ein paar schöne Jahre zu haben, bevor die Krankheit ausbricht.“ Kaminski weiter: „Für viele sind wir eine ganze Zeit lang die einzigen Personen, denen sie das Testergebnis mitteilen.“

Bernd Thiede berichtete von einem Mann, der offen mit seinem Schwulsein und mit seiner Krankheit umgegangen sei: „Sein Partner war da, seine Freunde waren da, seine Arbeitskollegen besuchten ihn im Krankenhaus, eine Menge von Personen waren da, um ihn menschlich bis zum Tod zu begleiten.“ Doch sei dies die Ausnahme. Die meisten infizierten Schwulen würden ihren Verwandten und Bekannten nichts über das Test-Ergebnis mitteilen und seien deshalb umso mehr auf die zur Verschwiegenheit verpflichteten schwulen Berater angewiesen. Vorstandsmitglied Driefmeier: „Es sorgt in der Szene für Unruhe, daß die Stellen auslaufen.“ B.D.

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