Der Zahn ist hohl-betr.: "Rüstungskonzerne wollen abrüsten", taz vom 11.4.91

betr.: „Rüstungskonzerne wollen abrüsten“, taz vom 11.4.91

Nun ist das Dilemma da. Die Rüstungskonzerne wollen abrüsten, aber nur, wenn das Geld davon vom Bund, sprich, von uns allen kommt. Eigentlich doch hehre Ziele, möchte man meinen, und die Paradoxie der Abrüstung von Rüstungskonzernen läßt vielleicht dem einen oder der anderen den Mund offenstehen und an die Wende in dem Bewußtsein der Menschheit denken. [...]

Forscht man nach, fühlt man den Motivationen näher auf den Zahn, merkt man schnell, daß er hohl ist. Es geht eben doch nur um das Geld, der Markt wird eben kleiner und die großen Firmen reißen alles an sich — die kleinen schreien. Wohlgemerkt: Siemens, Daimler, MBB sind es eben nicht, die von der öffentlichen Hand das Geld auf den Tisch wollen. Ihr Überleben ist gesichert.

Und nun? Soll man ihnen das Geld geben, es ist ja für einen guten Zweck? [...] Gewissermaßen die Starthilfe, die man nur zu oft Firmen wie Daimler auf Landesebene gegeben hat, damit sie die Arbeitsplätze genau hier anbieten, jetzt in Umbauhilfe umwandeln, damit die Produktion auf zivile Technologien umgestellt wird?

Ich sage nein. Diese Firmen haben schon lange genug Menschen ausgebeutet, hier und anderswo, diese Firmen haben schon genug Dreck am Stecken. Warum ihnen jetzt künstlich das Überleben sichern, wo sie für Hunderte, Tausende den Tod entwickelt und geliefert haben? Sie sehen sich im schlimmsten Fall vor der Pleite, weil die Nachfrage an militärischen Gütern abnimmt und weitestgehend von den großen Konzernen gedeckt wird, und betteln um Geld, damit sie auf die neue Marktsituation umrüsten können. Wieso denn nicht den Firmen jetzt das Ruder geben, die von vornherein keine oder nur wenig Rüstungsgüter produziert haben, ihnen den Lohn dafür geben, daß sie sich nicht in das schmutzige Geschäft gehängt haben und dafür, daß sie jahre-, jahrzehntelang im Schatten der Rüstungsgiganten standen?

Laßt die Rüstungsfirmen doch eingehen, genauso wie die Menschen in aller Welt unter ihren Waffen zerfetzt und vergiftet wurden. [...] Sebastian Lovens, Duisburg