In Spanien wird der Joint in der Kneipe verboten

Öffentlicher Drogengebrauch soll wieder verboten werden  ■ Aus Madrid Antje Bauer

Der öffentliche Gebrauch von Drogen wird in Zukunft in Spanien mit einer Geldstrafe bis zu umgerechnet 80.000 DM geahndet. Das sieht ein Gesetzesentwurf vor, den das spanische Innenministerium soeben vorgelegt hat. Es wird dabei nicht zwischen harten und weichen Drogen unterschieden. Erst 1983, kurz nach ihrem Amtsantritt, hatten die Sozialisten den Gebrauch von Drogen und ihren Erwerb zum Eigenverbrauch legalisiert. Seither war in aller Öffentlichkeit ungeniert geraucht und gefixt worden. Doch der Gebrauch vor allem harter Drogen hat in Spanien in den vergangenen Jahren rapide zugenommen — seine langen Küstenstreifen eignen sich hervorragend zur Einfuhr des Stoffs. Im vergangenen Februar wurde im Süden der Kanarischen Inseln ein Frachtschiff aufgebracht, das mit 2 Tonnen Kokain an Bord in Richtung auf die nordspanische Provinz Galicien unterwegs war.

Die Perspektivlosigkeit in den spanischen Vorstädten, in denen eine Jugendarbeitslosigkeit von annähernd 50 Prozent herrscht, sowie die Verfügbarkeit des Stoffs hat diese Schlafstädte zur Heimat von Kleindealern und Junkies gemacht.

Erboste Bürger hatten in manchen Vororten im vergangenen Jahr bereits Straßenpatrouillen gegen die Dealer organisiert, da die Polizei nicht gegen sie vorging. Die Regierung beschränkte sich angesichts des Anwachsens der Zahl Heroinsüchtiger und des Mangels an Therapieplätzen sowie an Arbeitsplätzen für diese Jugendlichen lange Zeit aufs Abwiegeln. Nun jedoch rücken Gemeinde- und Landratswahlen heran, und es müssen Wahlschlager gefunden werden. Die neue Kriminalisierungsstrategie soll sich just gegen die Kleindealer richten, die durch den Handel häufig ihre eigenen Drogen finanzieren. Sie sind diejenigen, die auf der Straße ins Auge fallen und in Zukunft — für alle Gaffer sichtbar — von der Polizei abtransportiert werden können.

Nicht greifen wird diese Maßnahme hingegen für die Mitglieder des Jet-sets, die in ihren Luxusvillen in Marbella koksen, da der Genuß in privaten Räumlichkeiten weiterhin gestattet ist. Während Kleindealer verfolgt werden, wurde der Industrielle und bekanntes Mitglied des Jet- sets, Carlos Goyanes, im vergangenen November nach fünf Monaten Untersuchungshaft „aufgrund der zu erwartendenden langen Dauer des Untersuchungsverfahrens“ auf Kaution freigelassen. Goyanes war im Zuge von Ermittlungen über die galicische Drogenmafia im Zusammenhang mit Kokainhandel festgenommen worden.

Es ist zu erwarten, daß der Gesetzesvorschlag verabschiedet wird. Die rechte „Volkspartei“ hätte lieber Haft- statt Geldstrafen, doch dieser Schritt scheint im Moment zu groß.