Schlagsahne und Schwiegermütter

Die Bundesbürger haben im vergangenen Jahr so viel Sahne geschleckt wie niemals zuvor. Besonders gut hat ihnen Kaffeesahne und Schlagsahne mit einem hohen Fettanteil geschmeckt. Insgesamt 514.000 Tonnen Sahne haben die Deutschen 1990 verputzt, das sind 7,7 Kilogramm pro Kopf. Auch der Hunger nach Kaffee und Kuchen ist, allen Schlankheitsappellen zum Trotz, ungebrochen. Die Germanen fressen das Zeug, als würde es morgen verboten. 1990 setzten die Konditoreien bundesweit 2,8 Milliarden Mark um. Dabei wird auch immer häufiger beobachtet, daß der Kunde, der morgens gerne ins Vollkornbrötchen beißt, am Nachmittag im Café hockt und sich die liebgewonnene Sahnetorte rein schiebt.

Der Landesverband der bayerischen Konditoren findet das alles ganz prima. Außerdem sei das mit den Dickmachern alles halb so schlimm, weil die moderne Torte im Vergleich zu früher viel „leichter“ geworden sei. Längst hätten sich die Cafés auf veränderte Verbrauchergewohnheiten eingestellt, meinen die Bayern. Mittags werden Salate und leichte Snacks angeboten, ebenso eine große Auswahl gepflegter Getränke. „Die Zeit des klassischen Beuteltees ist vorbei“, tönt es aus dem Süden der Republik.

Sorgen bereiten den Konditoren allerdings die von den EG-Behörden neu erarbeiteten Hygienebestimmungen. Sie nennen sie „praxisfern“. Die darin verlangte Produkthaftung sei für die Konditoreien „nicht durchführbar“. Nun gut, das alte Klischee vom Deutschen beim Kaffeekränzchen ist also immer noch gültig. Dafür wurde aber ein anderes Vorurteil geschlachtet: Die böse Schwiegermutter hat ausgedient! Das jedenfalls behauptet die Zeitschrift 'Brigitte‘, die die vielzierte Dame unter die Lupe nahm. Und siehe da, die Schwiegermama ist besser als ihr Ruf. 60 Prozent aller Deutschen verstehen sich prächtig mit der Mutter des Ehepartners. Ein Drittel der Befragten zwischen Stralsund und Berchtesgaden behauptete sogar: „Meine Schwiegermutter ist für mich wie meine eigene Mutter.“ Nur noch jeder siebte versteht sich nicht mit seiner Schwiegermutter, für jeden zehnten ist sie immer noch „ein rotes Tuch“.

Diese neue Buckelei vor der Schwiegermutter wird natürlich schlimme Folgen haben. Wenn die gute Frau als Haßobjekt ausfällt, wird sich die Wut jetzt auf den Ehepartner direkt richten. Und was zum Teufel soll nun eigentlich mit den ganzen Schwiegermütterwitzen passieren? Karl Wegmann