Im Übrigen wird alles gut

■ Wieder mal Soli für Radio 100

Da begann man doch gerade zu argwöhnen, daß es still geworden ist um den einst lautesten Sender in dieser Stadt.

Einige tausend Plakate mit anekdotenschwangeren Motiven und regelmäßig erneuerten Kurztexten zieren unter dem Motto »Es geht voran« Plakatwände, Kneipen und Ladenlokale in Ost und West. Diesen Infos ist zu entnehmen, daß sich neue Gesellschafter zusammengefunden haben, die sich auf die vom Kabelrat neu ausgeschriebene Frequenz 103,4 bewerben: der Mitarbeiterinnnenverein und Tolleranz e.V., die Mediengruppe Schmidt und Partner, der Basisdruck Verlag aus Ostberlin, ein Prominentenverein mit Größen aus Politik und Kultur und ein Förderverein zur interkulturellen Medienarbeit (FIM), dem seit seiner Gründung ein breites Spektrum der verschiedensten Vereine und Vereinigungen aus dem weitestgehend linken Spektrum beigetreten sind und noch immer beitreten.

Dem plötzlich eingetretenen Konkurs trotzend kursieren Radiosendungen in Form dreißigminütiger Kassetten durch Berlin, liebevoll besprochen und bespielt von den unermüdlichen Geistern der Radio 100-Crew, informativ und unverwechselbar moderat in Form und Ausführung. Die dritte Kassette wurde gerade fertiggestellt und ist im Radio 100 im Exil-Büro in der Graefestr. 68 zu erhalten.

Die Aufmerksamkeit, die den MitarbeiterInnen von Radio 100 durch Medien wie Zitty und Tagesspiegel in journalistisch einwandfreien, ausgewogen objektiven Schmähschriften zuteil wurde, läßt mangels neuer Gerüchte und in Klatschspalten aufbereitbarer Skandale allmählich nach - sollte Ruhe vor dem Sturm am 6. Mai (dem Tag der Kabelratsentscheidung) eingetreten sein, sich etwa eine gewisse Hoffnungs- und Bewegungslosigkeit bei den sonst so rührigen Freunden, Unterstützern und Machern vom Radio breitgemacht haben?

Immer lauter werden die Stimmen der Enttäuschung unter den Hörern von Radio 100, die trotz monatelanger finanzkräftiger Solidarität dann doch den Konkurs serviert bekamen, immer nachdrücklicher werden jedoch auch die Forderungen nach der Wiederaufnahme des Programms, das in seiner einzigartigen Form für Berlin stetig unverzichtbarer erscheint, je länger das Sendeloch an der Spitze der Skala anhält.

Nachdem dem solidarischen Potential eine Verschnaufpause gegönnt war, in der nicht fürs Radio ins Kino gegangen, getanzt, geredet, gedijeyt, aufgespielt, gesoffen oder gespendet wurde, soll nun die graue Zeit des Endspurts auf die Zielmarke am 6. Mai aufs Süßeste und mit dem für das Radio typischen Charme verkürzt werden. Wer das einmalig ausgewogene Musikprogramm des Radios vermißt, wer die MitarbeiterInnen mal wieder in Aktion erleben will und das eine oder andere köstliche Getränk auf das Wohl von Radio 100 zu sich nehmen möchte, der wird den heutigen Abend im SO 36 zu verbringen haben. Die — ausschließlich weiblichen — DJs und das freundliche Tresenpersonal, sämtlichst MitarbeiterInnen von Radio 100, werden sich in bewährter Manier um die Wünsche ihrer Gäste bemühen, der Erlös des gesamten Abends fließt zur Hälfte Radio 100 im Exil und dem Kurdistankonto von medico international zu. Wie gesagt: Es geht voran. (Ab 22 Uhr im SO 36) Erika