Moderne Firmen ordern Spiele für ihre Beschäftigten

Mit dem Quiz zur Sympathie: Von Hewlett Packard bis Agfa wird das neue Schulungsmittel eingesetzt/ Überraschende Resonanz bei der BMW-Belegschaft  ■ Von Peter Huth

„Sympathy is what we need, my friend“, heißt es in einem alten Song der Rockgruppe Rare Bird. Ähnlicher Zuwendungsbedarf scheint in den Vorstandsetagen einiger bundesdeutscher Unternehmen ausgebrochen zu sein. Spiele bringen Spaß und damit Sympathie für das Produkt, ist eine alte Weisheit der Werbewirtschaft; neu hingegen ist, daß das Management die Spieleerfinder nicht nur auf die KundInnen losläßt, sondern auch auf die eigenen Angestellten.

Bei der deutschen Niederlassung des US-Computerkonzern Hewlett Packard soll den Angestellten im Strategie-Spiel „Connection“ demonstriert werden, wie wichtig gute Verbindungen sind. Die Firma Heimer, Marktführerin bei Heizungsthermostaten, klärt Beschäftigte wie KundInnen via Quiz über ihre technischen Anlagen auf. Und die Effem GmbH im niedersächsischen Verden will ihre Außendienstler per Spiel von „Chappi“ und „Whiskas“ auf ein Pflanzenpflegeprodukt umpolen.

Immer mehr Erwachsene spielen in ihrer Freizeit, in der Familie oder mit FreundInnen. So werden Kontakte geknüpft, wird neues Wissen erworben. Die SpielerInnen sind dabei meist konzentriert bei der Sache: Ein ausgezeichnetes Medium also, um Informationen zu transportieren und sie unaufdringlich aber tief im Bewußtsein der Zielgruppen zu verankern.

Ähnlich wurde wohl bei BMW gedacht, als die HändlerInnen zur Einführung der neuen 3er-Serie statt mit drögen Seminaren anders bearbeitet wurden: 15.000 Exemplare eines Frage- und Antwortspiels namens „Profi-Turnier“ wurden verteilt. In den darauffolgenden Wochen stellten die Damen und Herren in den BMW-Niederlassungen ihr Wissen um technische Daten und Leistungen der neuen Fahrzeuge spielerisch unter Beweis. Sie sollten zum Beispiel beantworten, „welche Glühlampe das Licht in den neuen Ellipsoidscheinwerfern erzeugt“, aber auch, „wie man einem errregten Kunden begegnet“.

Bürokommunikation gegen Einzelkämpfer

Um den Spieltrieb anzufachen, verband der BMW-Vorstand diese Aktion mit einem Preisausschreiben. Wer drei absichtlich falsch eingebaute Karten entlarvte, hatte die Chance, eine lukrative Reise zu gewinnen. Der Erfolg war durchschlagend. Endlich mußten sich Mammi und Pappi nicht mehr von ihren Sprößlingen über die technischen Feinheiten der von ihnen verkauften statt gefahrenen Luxuskarossen aufklären lassen — spielend konnten nun die Eltern daheim mitreden. War BMW von früheren Wettbewerben Rücklaufquoten von 15 bis 20 Prozent gewohnt, stieß die Marketing- Abteilung mit dieser Aktion in ganz neue Bereiche vor. Es beteiligten sich mehr als 50 Prozent aller angesprochenen Beschäftigten.

Einen ähnlichen Weg beschritt der Fotochemie-Konzern Agfa-Gevaert in Leverkusen, der ein Gesellschaftsspiel zum Thema Bürokommunikation entwickeln ließ. „Wir leben in einem Labyrinth von Beziehungen, Daten und Informationen“, heißt es in der Spielanleitung. „Es gibt nur ein einziges Mittel, um uns in diesem Irrgarten zurechtzufinden. Dieses Mittel ist Kommunikation.“ Im Agfa-Würfelspiel herrschen Regeln, die dem Geschäftsleben abgeschaut sind. Die Teilnehmer müssen offen miteinander reden, eine Strategie festlegen und gemeinsam nach vorn ziehen. EinzelkämpferInnen bleiben auf der Strecke.

Private und öffentliche Arbeitgeber in der Bundesrepublik gaben 1988 fast 39 Milliarden für die Weiterbildung. Rund 35 Prozent aller BundesbürgerInnen im erwerbsfähigen Alter nehmen an mindestens einer Weiterbildungsmaßnahme pro Jahr teil. Was für ein Markt, den es da spielerisch zu erobern gilt: Allen voran liegt die F.X.Schmid GmbH, in deren Spiele-Labor der BMW-Auftrag bearbeitet wurde. Schmid hat sich durch immer neue Produkte — 1990 wurde „Adel verpflichtet“ von Klaus Teuber Spiel des Jahres — vom bloßen Kartenspiel- zum Gesellschaftsspiele-Hersteller gewandelt und mittlerweile den zweiten Platz auf dem boomenden und heißumkämpften Spielemarkt erobert.

Im Gegensatz zum konservativen Marktführer Otto Maier Ravensburg, der trotz der Produktion von jährlich 30 bis 50 firmenspezifischen Spielen von einer Marktnische redet, sieht Schmid darin eine Möglichkeit, ein neues Standbein zu entwickeln. Immerhin macht dieses Segment bereits zehn Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes von rund 45 Millionen DM aus.

Geschäftsführer Michael Schmid steckt denn auch für die Arbeit seines Service-Teams vier mögliche Bereiche im Rahmen der spielerischen Fortbildung ab: die Vermittlung von Produktwissen, die Förderung des strategischen Denkvermögens, das Begreifen vernetzter Zusammenhänge und die Förderung der innnerbetrieblichen Kommunikation.Für das Gerücht, daß die Bundesregierung zur besserern Vermittlung ihrer Steuerbeschlüsse ebenfalls ein Spiel in Auftrag gegeben hat, fand die taz keine Bestätigung. Aber immerhin war zu erfahren, daß die Gesellschaft mit dem Segen Umweltminister Töpfers noch in diesem Jahr zumindest mit der spielerischen Lösung vieler Umweltprobleme unter dem Motto „Ex und Stopp“ zu rechnen hat.