Portokassenklingeln

■ Erstmals Filmförderung in Bremen verteilt: wenig Geld für viele Projekte

Nach langjährigen Bemühungen des Filmbüros hat jetzt endlich auch Bremen, wie alle anderen alten Bundesländer, eine kulturelle Filmförderung. Mit 100.000 Mark ist die Fördersumme mehr als bescheiden (für einen normalen Kinofilm ist das gerade die Portokasse), aber es ist ein Anfang. Immerhin war das Auswahlgremium mit den bekannten Filmemachern Helke Misselwitz, Carlos Bustamante und Peter Heller kompetent besetzt.

Die drei wählten von 39 Anträgen mit einem Gesamtvolumen von 840.000 Mark neun Projekte aus. Drei größere Spielfilmprojekte wurden nach dem Hinweis auf die geringen Förderungsmittel gleich wieder zurückgezogen. Vier Projekte erhalten Produktionsförderungen zwischen 24.356 und 8.976 Mark, darunter auch die Fehrfeldstudios mit der zweiten Fortsetzung der „Hafenpiraten“. Drei Filmemacher bekommen Drehbuchförderungen zwischen 10.000 und 2.000 Mark, und dem CON-Film-Verleih werden 11.000 Mark für den Vertrieb eines Filmes von Fernando Birri bereitgestellt.

Als „die große Überraschung“ unter den Anträgen bezeichnete Bustamante ein interessantes Projekt der in Bremen lebenden Türkin Gülbahar Kültür, die in einem Film namens Deutschland, ich putz dich Ausländerinnen und ihre Arbeit als Putzfrauen portraitieren will. Allerdings ist ihr Entwurf noch im Anfangsstadium und alles andere als professionell - deswegen werden ihr erst einmal nur 5.000 Mark als „produktionsvorbereitende Maßnahme“ bewilligt.

Ihr Projekt schien übrigens das einzige zu sein, von dem die Mitglieder des Auswahl-Gremiums wirklich überzeugt waren. Besonders Misselwitz und Heller, die beide in erster Linie Dokumentarfilmer sind, vermißten Filmprojekte, in denen „die soziale Wirklichkeit der Stadt Bremen widergespiegelt wird“. Deshalb entschied das Gremium, einen Förderpreis von 5.500 Mark auszuschreiben: „für das beste Manuskript eines Dokumentarfilms, der vom Alltag der Menschen in der Stadt Bremen oder Umgebung erzählt.“

Auch die mangelnde Unterstützung, die Bremer Filmemacher durch das Regionalfernsehen erfahren, wurde von den Gremienmitgliedern bemängelt. Und wie zur Bestätigung mußte sich beim Radio-Bremen-Interview in „Up'n Swutsch“ die Moderatorin erst erzählen lassen, daß die Fehrfeld-Studios schon seit mehreren Jahren in Bremen Filme produzieren, die andernorts hochgerühmt werden.

Verwundert war das Gremium auch darüber, wie zögerlich und bescheiden viele der Anträge ausfielen. Sie wirkten oft blaß und wie für Kulturbürokraten geschrieben. Carlos Bustamente fand, wie er sagte, darin kaum eine Spur von der experimentellen Radikalität, die ihm bei vielen kleinen, schon produzierten Filmenaufgefallen war. So kann man den letzten Satz ihrer Pressemitteilung auch als etwas enttäuschten Kommentar zu den Qualitäten der eingereichten Projekte lesen: „Wir wünschen uns für Bremen mehr Mut, Leidenschaft und Geld.“ Wilfried Hippen