Volle Fahrt voraus — denn das Schiff sinkt!

■ Die Handballer des HC Preußen gewannen im Spitzenspiel der Oberliga Nordost 27:24 gegen den SC Leipzig

Horst-Korber-Zentrum (taz) — Der Strudel in den sportlichen Abgrund kreiselt seit langem. Das Flaggschiff „Dynamo-1.SC-HC Preußen Berlin“ geriet bereits ins Schlingern, als die Kapitäne noch das Tempo erhöhen wollten.

Vor einem Jahr wurde der 1.SC Berlin letzter DDR-Meister im Männerhandball — die Fernwurfasse Wigrim (Hüttenberg) und Querengässer (Essen) packten dennoch ihre Sachen. In der neuen Saison befuhren die umbenannten „Preußen“ immer noch sportlich günstige Gewässer — Torwart Grosser (Lemgo) und Youngster Plohmann (Gummersbach) unterschrieben trotzdem keine neuen Verträge. Als Zweiter der Nordost-Oberliga und Halbfinalist im Pokal bleibt den Berlinern eine Doppelchance, im nächsten Jahr im Europacup zu spielen — Sonnefeld, Lache (beide Hameln) und Bonath (Lemgo) ist das egal, auch sie verließen den sinkenden Kahn.

Für die beste männliche Handballmannschaft Berlins interessierten sich die Medien nur wenig, das Publikum noch weniger, die Sponsoren fast gar nicht. Da fädelte der HC Preußen unabsichtlich (?) einen Coup ein, der soviel Wind machte, daß er kräftig in die eigenen Segel bließ. Falls es irgendwann doch noch zum Untergang kommen sollte, wird der Bordschreiber diese Daten ausspucken:

Freitag nachmittag: „Der HC Preußen wird aufgelöst, die übrigen Spieler wechseln mit Trainer Funk zum Bundesliga-Absteiger Stuttgart- Scharnhausen.“ (Radio Hundert,6)

Samstag vormittag: „Es muß bald etwas passieren, aber am Ende ist das Berliner Männerteam noch nicht.“ (Berliner Rundfunk)

Samstag nachmittag: „Die Handball-Preußen aus Berlin tanzten nur einen Sommer.“ ('dpa‘)

Samstag abend: „Von einer Auflösung kann keine Rede sein, der Bundesliga-Platz auf jeden Fall wird wahrgenommen.“ ('adn‘)

Über Nacht waren „Preußens“ Handballer wieder im Gespräch. Kameras und Mikrofone standen Schlange beim (völlig zur Nebensache abgedrifteten) Spitzenspiel gegen den Tabellendritten aus Leipzig. Es interessierte nur der „HCP“ und dessen Kurs in die Zukunft. Den kennt zwar immer noch keiner, aber der entfachte Rummel wurde zum heftigen Rückenwind, der SC Leipzig mit 27:24 vom Parkett gefegt. Phasenweise demonstrierten die Berliner vorbildliches Kombinationsspiel, blitzschnelle Konterangriffe und ausgebuffte Deckungsarbeit. Dies alles zu beobachten auf den Bildschirmen der Region.

Ob dann allerdings die ersehnten Sponsoren oder gar der Landessportbund vor der Flimmerkiste sitzen und stark beeindruckt dem HC Preußen helfen, das leckgeschlagene Schiff zu reparieren, bleibt fraglich. Trainer Funk hofft nur noch auf die „gute Fee“, Präsident Lips auf die Macht des Geldes („Hameln kann Nationalspieler Hauch gar nicht bezahlen“), und die Spieler — glauben an gar nichts mehr und suchen sich wie Stefan Hauck andere Vereine.

Preußen Ahoi! bossi

Torschützen für Berlin: Lache, Baruth, Janeck je 5; Neitzel, Heinemann 4; Hauck 3; Bonath 1.

HC Preußen Berlin — SC Leipzig 27:24

Tabelle: 1. SC Magdeburg 37:3, 2. HC Preußen 34:6, 3. SC Leipzig 30:10.