Elf Pfälzer sollt ihr sein...

Nach dem 2:2 beim Stuttgarter VfB ist klar: Der 1. FC Kaiserslautern wird deutscher Fußballmeister 1991 und der gute, alte Fritz Walter wird heftig heulen müssen. Oder doch nicht?  ■ Aus Stuttgart Peter Unfried

„Die laufen einfach leichter.“ (Karl Allgöwer über das Phänomen FCK)

Kalli, laß die Teufel raus!

Diesmal war es ganz verzwickt. „Ich bin für den VfB, ich bin nicht gegen Kaiserslautern, aber ich bin gegen die Bayern“, sagte das Nies und sprach damit nicht nur den versammelten Schwaben, sondern auch ganz Fußballdeutschland, sofern nicht vom bajuwarischen Virus befallen, aus der Seele.

Daß heißt, so ganz dann auch wieder nicht. Zweifel gibt es da schon, nagende Zweifel daran, daß die Pfälzer Teufel solchen Lorbeer auch wirklich verdienen. „Es gibt vom Spielerpotential her bessere Mannschaften als den VfB, sagte Dieter Hoeneß, Manager dortselbst, „Kaiserslautern zähle ich nicht dazu.“ Tja, warum also stehen dann die oben und nicht Leverkusen, der VfB oder (nicht lachen) Borussia Dortmund?

Karl Allgöwer, weitgereister Experte in solchen Fragen, wußte die Antwort: „Das ist eine Sache der Psyche. Wenn du solche Erfolge hast, denkst du nicht an eine Niederlage. Der FCK hat hier in Stuttgart noch nie so gut gespielt wie heute.“

Ole, ole, ole, ola, der FCK ist wieder da!

Genauso war's. Von wegen „Hurra-Stil“, beim FCK wußte jeder ganz genau, was er zu tun hatte und — das ist der springende Punkt — jeder tat mehr als das. Da spielte ein Stefan Kuntz einen Ausputzer, der die Bälle aus dem eigenen Strafraum knallte, wie es Werner Liebrich einstens auch nicht knalliger gekonnt haben mag; da wurde ein Sprinter wie Guido Hoffmann immer dann besonders wirkungsvoll, wenn der von seiner angestammten linken plötzlich auf die rechte Seite wechselte und dort den VfB verwirrte (so geschehen beim 0:1). Da war ein Arne Goldbaek dann sehenswert, wenn der die Zwänge seiner Pflichtaufgaben abschüttelte und zum Solo in das Herz der Guido-Abwehr ansetzte.

Und dann Bruno. L-A-B-B-A-D- I-A! Erstklassiger first-touch, schnell, beweglich, „ballsicher“ (Labbadia). Bruno entlastete die über die gesamte zweite Hälfte schwer unter Druck stehende Pfälzer Abwehr ganz alleine, verlor fast keinen Ball, sprintete selbst in der 91. Minute noch zum eigenen Stafraum zurück, um zu helfen. Da fällt es auch gar nicht weiter auf, daß einige der Teufel gerade mal einen Ball stoppen können, doch was polemisier ich: Karl Allgöwer sagt, die können alle kicken, und der muß es wissen.

Allerdings: Ein gewisses Quentchen spielt anscheinend doch eine wichtige Rolle im FCK-Erfolgssystem. „Wir hatten das notwendige Quentchen Glück“, resümmierte Trainer Kalli Feldkamp und meinte damit wohl die gesamte zweite Hälfte, als der VfB anrannte und die Chancen gegen eine durch den Ausfall von Stumpf geschwächte Abwehr im Dutzend billiger herausspielte. Aber eben nicht verwertete.

Deutscher Meister wird nur der FCK!

Wie das eben so ist, gegen ein Team, das „den Massel hat“ (Allgöwer), was ganz bestimmt nicht derogativ gemeint ist. Denn dieses Glück, daß derzeit jeder so krampfhaft in einen Zusammenhang mit dem Tabellenführer bringt, ist etwas, was sich „die Mannschaft selbst erarbeitet hat“, so der große Analysator und VfB-Coach Christoph Daum. Etwas, das entstanden ist durch den für cliquen- und intrigenbesessene Fußballmannschaften anscheinend wirklich beispiellosen Teamgeist und gewachsen durch den durch ersteres hervorgerufenen Erfolg.

Eine moderne Version von „ELf Freunde müßt ihr sein“? Und das ausgerechnet in der Pfalz? Wenn das der gute alte Fritze Walter mal noch erlebt hätte. Was würde der am Ende der Saison bei der Meisterfeier heulen und anstoßen auf „Chef“ Feldkamp und die Tramps von der Pfalz... Daum schwafelt „alles erdenklich Gute“ in Richtung Provinz, und Labbadia sagt, „wir träumen davon“ und Allgöwer glaubt, „daß die das schaffen“.

Also dann, auch wenn mir etwas unwohl dabei ist: Der 1. FC Kaiserslautern wird deutscher Fußballmeister 1991! „Das Ganze ohne Gewähr.“ (Bruno Labbadia im „Sportstudio“.

1. FC Kaiserslautern: Ehrmann — Kuntz — Stadler, Stumpf (46. Haber) — Schupp (46. Richter), Scherr, Goldbaek, Kranz, Hoffmann — Hotic, Labbadia

Zuschauer: 43.000

Tore: 0:1 Hoffmann (25.), 1:1 Frontzeck (34.), 1:2 Frontzeck (44./Eigentor), 2:2 Hartmann (49.)

VfB Stuttgart: Immel — Nils, Schmäler — Schäfer (46. Strehmel), Schneider — Buck, Allgöwer, Sammer, Hartmann, Frontzeck — Walter, Sverrisson (67. Kastl)