SPD fordert Disziplinarverfahren gegen Staatsanwälte wegen Niefer

Stuttgart (afp) — Die baden-württembergische Landtagsfraktion der SPD hat das Justizministerium des Landes aufgefordert, gegen die beiden für die Niederschlagung des sogenannten Niefer-Verfahrens verantwortlichen Staatsanwälte beamtenrechtliche Disziplinarverfahren anzustrengen und sie vorerst von ihren Ämtern zu suspendieren. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Hans Dieter Köder, erklärte am Sonntag in Stuttgart, die Vernehmung von Generalstaatsanwalt Hermann sowie des leitenden Oberstaatsanwalts Jung vor dem sogenannten „Späth-Untersuchungsausschuß“, der auch die Unabhängigkeit der baden-württembergischen Justiz überprüft, habe deutlich gemacht, daß sich die Staatsanwaltschaft „blind und taub gestellt“ habe, um Mercedes-Chef Werner Niefer aus einem „höchst unangenehmen Strafverfahren herauszuhalten“. Niefer hatte vergangenen Sommer als Chauffeur eines Reisebusses in Rom eine junge Touristin aus Stuttgart angefahren und schwer verletzt. Noch vor Eintreffen der Polizei verschwand der Vorstandsvorsitzende der Mercedes-Benz AG vom Unfallort. Später stellte sich heraus, daß der Automanager keinen gültigen Busführerschein besaß. Ein Ermittlungsverfahren wurde zwar zunächst eingeleitet, jedoch bald wieder eingestellt.

Nach Angaben Köders räumte Generalstaatsanwalt Hermann vor dem Untersuchungsausschuß nun ein, der Umfang der Ermittlungen sei „von der Absicht beeinflußt“ gewesen, „das Verfahren einzustellen“. Aus dem Verlauf der Zeugenvernahme entnimmt die baden-württembergische SPD weiter, die Staatsanwaltschaft habe bewußt alles außer Acht gelassen, was den „auf der Hand liegenden Verdacht für Unfallflucht hätte bestätigen können“. Auch in Richtung des Delikts „Trunkenheit im Verkehr“ sei nicht ermittelt worden.