Fantasy magic

■ Deutsches Kinder- und Jugendtheatertreffen

Am Sonntag abend wurde im Theater der Freundschaft am Hans-Rodenberg-Platz das erste deutsche Kinder- und Jugendtheatertreffen eröffnet, dem man offiziell einen hohen symbolischen Wert zuerkennt. Nicht nur übernahm Richard von Weizsäcker die Schirmherrschaft, auch bei den Eröffnungsreden wurde der gesamtgesellschaftlich erzieherische und verbindende Aspekt dieses erstmaligen Treffens ost- und westdeutscher Kinder- und Jugendtheaterbühnen betont.

Als 1989 in Frankfurt am Main die Durchführung eines Kinder- und Jugendtheatertreffens auf Bundesebene beschlossen wurde, ahnte man natürlich nicht, daß das erste gesamtdeutsche Kinder- und Jugendtheatertreffen so schnell zustande kommen würde. Jetzt will man diese erstmalige Gelegenheit nutzen, um inhaltliche Auseinandersetzungen zwischen Regisseuren, Schauspielern, Kritikern und Kulturmanagern optimal zu fördern: Neben den Aufführungen sind dafür eine Reihe von Diskussionsforen geplant. Mit dem Schweinehirtentraum des Jungen Theaters Göttingen begann am Sonntag abend im Theater der Freundschaft das Festival. In einem gut besuchten Saal führte die mitgliederstarke Truppe die Geschichte eines Schweinehirten auf, dessen Genie im Verstehen von Tiersprachen liegt. Er kann sich nicht nur mit seinen Schweinen unterhalten, er bringt auch einen Esel zum Singen, gewinnt eine Katze als Begleiterin und erfährt von einer Schwalbe, daß die schönste Frau Afrikas von ihm geträumt hat und ihn zum Mann begehrt.

Mit viel Liebe werden vom Jungen Theater Göttingen besonders die Tiere dargestellt. Angenehm fällt auch das Spiel des Protagonisten durch Schlichtheit auf — es gibt keine kitschigen Konzessionen an einen behaupteten Kindergeschmack. Wenig geglückt sind dafür die varietéartigen Einlagen der Zauberer, bei deren Akkordeonspiel sich wahrlich keine magische Kraft freisetzt. Eine gewisse Heterogenität in der Gestaltung des Textes von Friedrich Karl Waechter beeinträchtigt schließlich die Inszenierung: Das kräftige Bayerisch des Anfangs und die eindeutigen Lokalisierungen gehen zugunsten einer märchenhaften Erzählweise immer mehr verloren, die realistischen Züge verlieren sich gegen Ende in einer Phantasy-Ausstattung und einer Vermischung von Zauberflötenmotiven und Nosferatu-Anspielungen. Man hätte sich gewünscht, daß die Inszenierung einfach wie das Leinengewebe der Tierstoffe bleibt.

Von Friedrich Karl Waechter ist noch ein weiteres Stück im Festival- Programm: Der Teufel mit den drei goldenen Haaren in einer Bearbeitung des Freiburger Kinder- und Jugendtheaters; aus dem Osten kommen das Hans-Otto-Theater Potsdam mit König Drosselbart und das Mädchen Prinzessin, das Kinder- und Jugendtheater Halle mit Meine Kinder! Mein Afrika! und das Theater der Freundschaft selbst mit Erpressung. Aus Westdeutschland sind eingeladen das Landestheater Tübingen , das Theater der Jugend München und die Württembergische Landesbühne Esslingen. Michaela Ott