USA eröffnen erstes Büro in Hanoi

Washington (taz) — Die USA und Vietnam haben sich auf die Eröffnung eines amerikanischen Büros in Hanoi geeinigt, das die Nachforschungen nach angeblich im Vietnamkrieg verschollenen US-Soldaten erleichtern soll. Die Einwilligung Vietnams zur Etablierung einer solchen ersten Präsenz des ehemaligen Kriegsgegners in Hanoi war am Wochenende nach Gesprächen zwischen Präsident Bushs Gesandten für humanitäre Angelegenheiten, General John W. Vessey, Jr., und dem vietnamesischen Außenminister Nguyen Co Thach verkündet worden.

Mit der Übereinkunft haben sich die Aussichten auf eine Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern erneut verbessert. Die USA machen jedoch die Aufnahme diplomatischer Beziehungen weiterhin von einer Zusammenarbeit Hanois bei der Lösung der Kambodschafrage und einer Anerkennung des vierstufigen UNO-Friedensplans durch die von den Vietnamesen gestützte Regierung in Phnom Penh abhängig. Ein Datum für die Eröffnung des US-Büros, das mit Personal aus dem amerikanischen Verteidigungsministerium besetzt werden soll, wurde nicht genannt. Nach amerikanischen Schätzungen sind in Vietnam rund 1.700 Soldaten vermißt.

Nach dem Entgegenkommen der vietnamesischen Regierung fordert die Bush-Administration von Hanoi nun noch die Anerkennung des UNO-Friedensplans für Kambodscha, der eine Entwaffnung der kambodschanischen Armee und der sie bekämpfenden Guerillatruppen, darunter die Roten Khmer, vorsieht. Erst in der vergangenen Woche hatten die USA ihre Finanzhilfe an die beiden nichtkommunistischen Flügel der Guerilla-Koalition eingestellt. Nach Berichten von 'afp‘ sollen sich ebenfalls in der vergangenen Woche Mitarbeiter der US-Entwicklungsorganisation AID in Kambodscha aufgehalten haben. Sie hätten empfohlen, den größten Teil der von den USA für Kambodscha vorgesehenen humanitären Hilfe den von der — von den USA nicht anerkannten — Regierung kontrollierten Gebieten zukommen zu lassen.

Westliche Diplomaten und amerikanische Geschäftsleute halten die jetzt von den USA an Hanoi gestellten Bedingungen in der Kambodschafrage für eine Normalisierung der Beziehungen unterdessen für überzogen. Vor allem bestimmte US-Firmen und Banken wie Mobil Oil, Citibank, American Express und AT&T drängen die Bush-Administration zur raschen Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit dem ehemaligen Kriegsgegner. Sie befürchten, daß ihnen die in Vietnam bereits investierenden europäischen und asiatischen Firmen die vielversprechendsten Projekte — vor allem bei der Ölexploration im Südchinesischen Meer — wegschnappen werden. Rolf Paasch