Schwieriger Start für „Andreotti VII“

In Italien schwelt der Verfassungskonflikt weiter/ Staatspräsident Cossiga im Kreuzfeuer der Kritik  ■ Aus Rom Werner Raith

Daß es die neue, die siebte Regierung des Stehaufmännchens Giulio Andreotti nicht leicht haben werde, war abzusehen. Dazu war sie von zu vielen offenen und verdeckten Interessenten ohne jegliche wirtschaftliche und soziale Not vom Zaun gebrochen worden — der Politikerkaste geht es um eine Neuaufteilung ihrer Pfründe, und allerlei parteispendenfreundliche Dunkelmänner aus dem Bereich der Mafia, Camorra und vor allem der internationalen Schieber wünschen sich besser geschützte Nischen, um ihre Geschäfte ungestörter durchführen zu können. Doch daß die neue Administration derzeit offenbar keinen Fuß auf den Boden bekommt, war in dieser Schärfe wohl von kaum jemanden vorausgeahnt worden.

Die Republikaner (PRI), seit mehr als zehn Jahren treue Verfechter der Fünfparteienregierung mit Christ- und Sozialdemokraten, Sozialisten und Liberalen, verweigerten sich nach einem wohl von Staatspräsident Cossiga angeordneten Affront bei der Besetzung der Ministerien: der Industrieellenverband und allen voran FIAT-Cef Agnelli sowie sein Generalmanager Romiti dreschen fast täglich auf die Politikerklasse ein, der sie totale Unfähigkeit zur Administration vorwerfen; aus dem Ausland keilen Bundesbankpräsident Kohl wegen des Haushaltsdefizits und Kanzler Kohl wegen der Mafia auf die Italiener ein — und nun macht sich erneut der seit Monaten teils lichterloh entbrannte, teils unterbödig schwelende Verfassungskonflikt wieder bemerkbar.

Das pikante an der Sache diesmal: Hatten bisher fast ausschließlich Oppositionspolitiker oder eben die kleine PRI die in letzter Zeit häufigen Ausfälle und Kompetenzüberschreitungen des Staatspräsidenten kritisiert, so kommt jetzt der Affront direkt aus der eigenen Partei Francesco Cossigas, und noch dazu aus dem Munde desjenigen, der vor sechs Jahren seine Wahl ins höchste Staatsamt durchgesetzt hatte. Ciriaco de Mita, acht Jahre Vorsitzender der Christdemokraten und derzeit ihr Präsident, hielt Cossiga bei einem Treffen vor, daß dieser derzeit oft nicht als „der Garant der Verfassung erscheine, der er nach der Konstitution zu sein habe, sondern als deren Feind“.

Ein böser Rüffel wegen der unverhüllten Forderungen des Staatsoberhaupts, so bald wie möglich eine Präsidialrepublik nach dem Muster de Gaulles einzurichten und damit die erste Nachkriegsrepublik abzuschafffen (wie dies die Sozialisten fordern). De Mita, seit jeher ein Gegner allzu starker Staatsautorität, schwächte zwar am Wochenende seine Worte etwas ab, bekräftigte sie jedoch am Sonntag abend erneut in einigen Interviews.

Nun soll DG-Vorsitzender Forlani eine Klärung herbeiführen — die aber wird sich wohl als eher schwierig erweisen, denn in seiner eigenen Partei hat mittlerweile der Unmut über Cossiga derart zugenommen, daß weitere Angriffe auf den Staatspräsidenten aus dieser Ecke wohl nur eine Frage der nächsten Tage sein werden.