Schamlose Irreführung

■ Einspruch gegen Kampagne der deutschen Atomlobby

Berlin (taz) — Amory Lovins, der bekannteste Vorkämpfer für ein sanftes Energiesystem in den USA, ist empört über eine seit einem Jahr andauernde Kampagne der deutschen Atomlobby. In Zeitungsanzeigen unter der Überschrift „Nobelpreisträger für Kernenergie“ behauptet der in Bonn ansässige „Informationskreis Kernenergie“, kritische US-Wissenschaftler seien angesichts der drohenden globalen Klimaänderungen auf Pro-Atom- Kurs eingeschwenkt. Gegenüber deutschen Gesprächspartnern von der „Biologischen Bau- und Wohnberatung“ bezeichnete Lovins die Behauptung jetzt als „schamlose Verdrehung und bewußte Irreführung“ der Öffentlichkeit.

Die Kampagne, mit der die Atomlobbyisten deutsche Journalisten bereits seit einem Jahr behelligen, basiert auf einem Papier, in dem 49 US-Nobelpreisträger und 700 Mitglieder der Akademie der Wissenschaften Präsident Bush zum Kampf gegen den Treibhauseffekt auffordern. Der von der kritischen Wissenschaftlerorganisation „Union of Concerned Scientist“ veröffentlichte Appell verlangt von der amerikanischen Regierung eine neue Energiepolitik mit den Eckpfeilern effektive Energienutzung und Ausbau „sauberer“ Energiequellen. Für die Atomkraftwerke in den USA fordern die Unterzeichner die Lösung des Entsorgungsproblems, den Schutz der Bevölkerung vor radioaktiver Strahlung und Unfällen in Atomanlagen.

Im Anzeigentext des „Informationskreises Kernenergie“ liest sich das so: „Als Eckpfeiler eines neuen Energiekonzepts raten die Wissenschaftler über eine effiziente Energieausnutzung hinaus zum Einsatz von Kernenergie und anderer emissionsfreier Energiequellen.“ gero