Internationale Demo gegen CSFR-AKW

Nürnberg (taz) — Am 5. Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl rufen deutsche und österreichische AKW-GegnerInnen zu einer internationalen Demonstration gegen das in Temelin im Bau befindliche Atomkraftwerk auf. Mit zwei Reaktorblöcken mit je 1.000 Megawatt entsteht dort, nur wenige Kilometer von Ceske Budejovice (Budweis) entfernt, mit tatkräftiger deutscher Hilfe das größte Atomkraftwerk der Tschechoslowakei. Der erste Block soll 1994 ans Stromnetz gehen, zwei Jahre später folgt der zweite.

Schon seit mehreren Monaten versuchen Mitglieder der Oberpfälzer Bürgerinitiativen gegen die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf zusammen mit AKW-GegnerInnen aus Österreich tschechische Initiativen gegen das AKW zu unterstützen. Die Nähe des AKW-Standorts zur bayerischen Grenze (80 Kilometer), die mangelnde Sicherheit des in Temelin gebauten sowjetischen Druckwasserreaktors vom Typ WWER 1.000 sowie der Versuch der deutschen Atomindustrie, in der CSFR einen „zweiten Frühling“ zu erleben, sind den bayerischen Atomkraftwerks-GegnerInnen ein Dorn im Auge.

Für Klaus Pöhler von der Schwandorfer BI heißt das „Utopia der deutschen Atomlobby CSFR“. So liefere Siemens die Steuerungs- und Regelungstechnik für Temelin, deutsche Firmen seien maßgeblich an der Fertigstellung des 1993 in Betrieb gehenden AKWs im slowakischen Machovce beteiligt. Zudem verhandele Siemens derzeit mit dem tschechischen Energieriesen Skoda über den Bau eines „kleinen“ Hochtemperatur-Reaktors zur Warmwasserversorgung der Stadt Pilsen. In der massiven Häufung von Atomanlagen sieht Pöhler ein „nicht hinzunehmendes Risiko“. Die Frage der Entsorgung sei in der Tschechoslowakei überhaupt nicht geklärt, und Temelin sei weder gegen Erdbeben abgesichert noch gegen Flugzeugabstürze geschützt.

Bisher deckt die CSFR rund ein Drittel ihres Energiebedarfs aus der Atomenergie. Pöhler glaubt jedoch, daß es der CSFR mit Projekten wie Temelin nicht allein um die eigene Bedarfsdeckung gehe, sondern um Atomstromerzeugung für den Export als Devisenbringer. Die hohen Investitionskosten sollen durch den Stromexport beglichen werden. Entsprechende Verhandlungen würden bereits jetzt von den Bayernwerken geführt.

Am kommenden Sonnabend findet zunächst in der Gemeide Tyn, die unmittelbar neben der AKW-Baustelle Temelin liegt, ab 10 Uhr morgens ein überregional vorbereitetes „Fest der Begegnung“ der AtomkraftgegnerInnen mit einer Ausstellung über alternative Energien statt. Um 14 Uhr zieht dann ein „Trauer- und Protestmarsch“ zu den Reaktorblöcken.