Monströser US-Auftrag für Lockheed-Kampfflugzeuge

650 „ATF“s werden 95 Milliarden Dollar kosten/ Da freut sich Georgia  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Der Luftkampf zwischen den beiden Kampfflugzeug-Prototypen für das 21. Jahrhundert ist beendet. Das US- Verteidigungsministerium hat am Dienstag den insgesamt 95 Milliarden Dollar (165 Milliarden DM) schweren Rüstungsauftrag für den neuen „Advanced Tactical Fighter“ (ATF) an den von Lockheed gemeinsam mit Boeing und General Dynamics entwickelten „YF 22“ vergeben.

Der Nachfolger der heutigen F-15 Eagle, der den USA auch im nächsten Jahrtausend die Luftüberlegenheit sichern soll, vereinigt beinahe sämtliche „Qualitäten“ bisheriger Flugzeuggenerationen auf ein Design: Überschallgeschwindigkeit, enorme Reichweite, große Wendigkeit und Unsichtbarkeit auf dem gegnerischen Radarschirm. Lockheed hat damit das konkurrierende Konsortium von Northrop und McDonnell-Douglas ausgebotet, deren wirtschaftliche Zukunft ohne den Auftrag für die 650 ATFs zum Stückpreis von 100 Millionen Dollar nun gefährdet sein könnte.

Kritiker haben unterdessen die militärische Notwendigkeit des Mammutprojektes angezweifelt, das allein auf der etwas surrealen Annahme beruht, die Sowjetunion werde bis zum Jahr 2000 zwei neue, der F-15 überlegene Kampffliegertypen entwickeln.

Erst in der vergangenen Woche hatte der Rechnungshof des Kongresses eine Studie vorgelegt, nach der sich die US-Luftwaffe ihr neuestes Lieblingsprojekt ohne die Reduzierung der heute 26 Flugstaffeln gar nicht leisten könne. Nachdem jedoch die Bedeutung der Luftüberlegenheit im Golfkrieg so eindrucksvoll demonstriert worden ist, dürften sich nur wenige Kongreßabgeordnete offen gegen die Bewilligung des ATF aussprechen. Die Entscheidung, so vermuten Beobachter, sei vor allem deswegen für Lockheed ausgefallen, weil der Kampfflieger damit im Wahlkreis von Senator Nunn (Georgia) zusammengebaut wird, der als Vorsitzender des Militärausschusses im Senat auf die Bewilligung der Gelder entscheidenden Einfluß haben wird.

Während bei Lockheed und den Partnern des erfolgreichen Konsortiums durch den Auftrag rund 8.000 Arbeitsplätze gesichert oder geschaffen werden, sieht die wirtschaftliche Zukunft für die unterlegenen Konkurrenten von Northrop und McDonnell-Douglas recht düster aus. Das Überleben von Northrop hängt nun allein von dem umstrittenen „Stealth“-Bomber B-2 ab, dessen Bewilligung im Kongreß auch dieses Jahr wieder ein spannendes Spektakel verspricht.

Für Mc Donnell-Douglas ist dies dagegen schon die dritte Niederlage im Rüstungsgeschäft der jüngsten Zeit. Das Projekt eines neuen Leichthubschraubers stürzte den Flugzeugbauern von der Westküste ebenso ab wie ein lukrativer Auftrag aus Südkorea und der Kampfbomber für die US-Navy. Bisher hatte Mc Donnell- Douglas die roten Zahlen aus seiner zivilen Flugzeugdivision immer mit den Profiten aus den Rüstungsaufträgen ausgleichen können. Doch das Absinken der Pentagon-Ausgaben für Flugzeuge von einst jährlich 48 auf in diesem Jahr nur noch 16 Milliarden Dollar ist schon in den letzten vier Jahren mit einem Verlust von zwei Dritteln aller Arbeitsplätze im militärischen Luftfahrtsektor einhergegangen.