„Ich seh, was unterm Strich ist“

■ Die politische Abrechnung des CDU-Spitzenmannes Nölle am Bierfaß

Gerade mal drei Wochen ist es her, daß Sparkassen-Vorstand Ulrich Nölle zum CDU-Spitzenkandidaten für die Bürgerschaftswahl gekürt wurde. Doch bis zu seinem ersten öffentlichen Auftritt in der Hemelinger „Speise- und Schankwirtschaft Stresemanns“ hatte er schon ausgerechnet, was an der bisherigen Bremer Politik nicht stimmt: „Die Einnahmen sind entschieden zu niedrig und die Ausgaben extrem höher als in anderen Bundesländern“, erklärte Nölle, als er sich am Mittwoch abend rund 300 dichtgedrängten CDU-Anhängern bescheiden als „Ihr Bürgerschafts..., äh Bürgermeisterkandidat“ vorgestellt hatte.

Ob Schulpolitik, Personalmangel bei der Polizei, Verkehrspolitik oder Kulturförderung — für jedes Thema hat Ulrich Nölle eine klare Rechnung parat: „Ich bin Banker und seh' immer, was unterm Strich ist.“ Deshalb fordert der CDU-Kandidat auch ohne zu zucken „mindestens 30 Millionen Mark mehr für den Bremer Kultur etat“. Den zaghaften Einwand, ob die „extrem hohen Bremer Ausgaben“ damit nicht noch höher würden, entgegnet der Banker: „Jede Mark, die Sie in Kultur investieren, fließt letztlich mit 1,30 Mark wieder zurück.“ Warum der Kulturetat dann nicht besser gleich auf drei Milliarden aufgestockt werden sollte, um mit dem Erlös das jährliche Bremer Zahlungsloch von einer Milliarde zu stopfen, fragte niemand mehr.

Und das, obwohl Banker Nölle die Bremer Staatsschuld von insgesamt 15 Milliarden Mark zuvor so anschaulich vorgerechnet hat: „15 Milliarden, das sind 15.000 Millionen Mark. Eine Million kann man sich vorstellen, die streben wir ja alle an.“ Zumindest Nölle stand sein Leben lang mit den Millionen auf Du und Du: Als Sparkassenangestellter, Sparkassenvorstand in Dortmund und Bremen. Selbst auf die Frage nach seinem Draht zur Jugend schöpft Nölle aus dem vollen Schatz seiner Banker-Vita: „Ich bin der Erfinder des Jugendclubs der Sparkasse. Der hat heute 20.000 Mitglieder.“ Eine Zahl, von der die smarten Jünglinge draußen am Info-Tisch der Jungen Union noch träumen.

Ganz am Schluß zeigt Nölle, daß er nicht nur Banker, sondern obendrauf auch noch lustig ist und reimt: „Eher legt ein Hund einen Wurstvorrat an, als daß eine SPD- Regierung mit Geld umgehen kann.“ Nur einem gelang es am Mittwoch abend in der Hemelinger Schankwirtschaft, den Spitzenkandidat an Witz zu übertreffen: Dieter Burdenski, neben Nölle am Bierfaß plaziert. „Ich bin in Bremen geboren, bin CDU Mitglied und habe 16 Jahre im Tor gestanden“, berichtet er und findet deshalb: „Wenn immer der gleiche im Tor steht, wird's langweilig.“ Ase