Mit Schokolade zum Marktführer werden

■ Internes Papier: SFB 2 will mit Kommerzkonzept Hörer gewinnen/ Sponsoring und neue Moderatoren

Masurenallee. Nach den im März veröffentlichten katastrophalen Hörerzahlen will die Infowelle SFB 2 nun den Kampf gegen die Konkurrenz aufnehmen: mit gegenseitigem Sponsoring zwischen 'Berliner Zeitung‘ und SFB, einer Moderatoren- Rangliste, die die Spreu vom Weizen trennt, und einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem ADAC bei Verkehrsmeldungen (siehe nebenstehende Dokumentation). Ziel dieser drei Maßnahmen unter vielen ist nach einem internen SFB-Papier von Wellenchefin Barbara Wesel, »Marktführer« in Berlin zu werden und eine »gesicherte Legitimationsbasis« für den SFB in einer künftigen Mehrländeranstalt zu bekommen. »Ohne das Westpublikum stärker als bisher zu vernachlässigen« (sic!) soll das insbesondere im Ostteil der Stadt und in Brandenburg schlechte Standing von SFB 2 verbessert werden. All dies solle bis spätestens September dieses Jahres erreicht sein, heißt es optimistisch in der von Wesel und der SFB-Pressestelle erarbeiteten »Ideensammlung« (Wesel).

Nur kurze Zeit zum Aufholen: Lag SFB 2 nach den Märzzahlen doch in Gesamt-Berlin nur noch an dritter Stelle hinter Rias 2 und dem Privatsender 100,6 mit mageren 12,9 Prozent der ZuhörerInnen (Rias 2: 28,8 Prozent). Die Jugendwelle SFB 4 rangierte erst hinter Antenne Brandenburg. Alle vier SFB Programme zusammen lagen nur noch knapp vor 100,6 und weit hinter den beiden Rias-Programmen. In Brandenburg und Ost-Berlin halbierte sich dieser schlechte Gesamtmarktanteil des SFB fast noch einmal.

Neben den oben erwähnten Maßnahmen soll nach den Vorstellungen von Wesel sowie der SFB-Öffentlichkeitsarbeiter Erich Nieswandt und Detlef Korus auch eine Radio-Diskussionsrunde nach dem Vorbild des ARD-Fernseh-Gähntalks Presseclub für mehr Einschaltquoten sorgen. Expertenrunden des SFB zu den Alltagsproblemen im Ostteil sollen ihren Niederschlag auch in der 'Berliner Zeitung‘ finden, auch soll es für die OstlerInnen mehr Rechtsberatung geben. Ein Feld, auf dem sich der Berliner Rundfunk Ost längst hervorgetan hat. Für das Unterhaltungsbedürfnis soll ein Spielchen namens Fix-Fax sorgen: Belegschaften von Berliner Betrieben sollen witzige Gedichtchen über ihren Chef an den Sender faxen und werden mit dem »Besuch eines SFB-Reporters und Schokolade« belohnt. Weitere Juwelen: Eine Art »Speaker's Corner« zum Meckern für die HörerInnen, der »Satz des Tages« und mehr Lokalnachrichten.

Gegenüber der taz bezeichnete Wellenchefin Wesel das Papier als »internes Protokoll«, das »gar nichts bedeute«. Wesel: »Es werden viele Ideen geäußert, aber der größte Teil wird nicht zur Umsetzung kommen.« So gebe es bislang weder eine Rangliste der Moderatoren noch eine Zusammenarbeit mit der 'Berliner Zeitung‘. Deren Herausgeber Erich Böhme war gestern übrigens für eine Stellungnahme zu eventuellen Kooperationen nicht erreichbar. Auch SFB-Sprecher Nieswandt stellte das Papier als Ergebnis eines Brainstormings dar, das keinesfalls die »Linie des Hauses« darstelle. Zudem sei das Papier längst »überholt«. kotte