Hat Reuter recht?

■ Die hermeneutischen Leistungen des Parlaments

Hat der Mann nun recht oder nicht? Diese Frage bewegt seit nunmehr 14 Tagen die Berliner Öffentlichkeit und jetzt auch das Parlament. Nach der gestrigen Debatte möchte man dem Daimler-Chef zustimmen, obwohl im Hohen Hause natürlich niemand die Kritik auf sich selbst bezog. Dennoch, die hermeneutischen Leistungen der Abgeordneten verdienen Aufmerksamkeit: Diepgen findet, Reuter hat nicht recht, ist ihm aber zutiefst dankbar für seine »kritische Liebeserklärung« und den Ansporn. Auch CDU-Fraktionschef Landowsky findet das. Allerdings hätte sich Reuters Kritik auf den Vorgängersenat bezogen. Landowsky kennt Reuter besser und weiß, daß der die Zukunftschancen längst nicht so negativ gesehen hat, wie das etwa die FDP ausgelegt hat. Und die Alternativen haben nach der Auffassung von Landowsky sowieso unrecht und gar kein Recht, sich auf jemanden wie Herrn Reuter zu beziehen. Da steckt Dialektik drin! Enttäuschend simpel argumentieren da die Oppositionsparteien: Reuter hat recht, finden alle. So richtig verstanden haben Reuter aber nur die Regierungsparteien. Der hat alles viel differenzierter gesehen, als die Opposition ihm jetzt unterstellt. Zwar hat er gesagt, Berlin sei eine Krisenregion, wer aber differenzierter denkt, weiß, daß es das nicht ist. Und wer hat nun recht? kd