„Eingeborenenkapitalismus“ für Simbabwes Wirtschaft

Hilfen für Kleinbetriebe werden zur großen Mode: Auch die Regierung in Harare hat damit begonnen, von Schwarzen geführte Unternehmen zu fördern  ■ Aus Harare Willi Germund

Die Hemdsärmel hochgekrempelt, wühlt der 26jährige Strive Masiyiwa noch abends um neun auf dem Schreibtisch seines Büros in der Union Street herum. Er bereitet einen Vertrag vor. In London ausgebildet, kürte Simbabwes Handelskammer den Elektroingenieur im letzten Jahr zum Unternehmer des Jahres: Vor allem, weil er eine Ausnahme darstellt. Der 26jährige ist einer der wenigen Schwarzen, die in die traditionelle Phalanx der weißen Siedler einbrechen konnten. Elf Jahre nach Simbabwes Unabhängigkeit, nach elfjähriger pragmatisch sozialistischer Politik unter Präsident Robert Mugabe, steht Jungunternehmer Strive Masiyiwa jetzt für ein Schlagwort, daß die Regierung im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Umstrukturierung geprägt hat: den „Indigenous Capitalism“ — wörtlich übersetzt „Eingeborenenkapitalismus“.

Dahinter verbirgt sich das Verlangen schwarzer Unternehmer, stärker am wirtschaftlichen Kuchen des afrikanischen Landes teilhaben zu können. Masiyiwa: „Bisher gab es Kapitalismus für die Weißen, Sozialismus für die Schwarzen.“ Von rund zehn Millionen Einwohnern sind etwa 100.000 Weiße. 50 bis 60 Prozent des bebauten Landes, etwa 15 Millionen Hektar, befinden sich in den Händen weißer Großfarmer. Die Weißen kontrollieren auch nach wie die Industrie. Mit dieser Form der gemischten Wirtschaft wollen jetzt allerdings nicht nur die schwarzen Unternehmer Schluß machen; ein mit dem Internationalen Währungsfond und der Weltbank abgestimmtes Reformprogramm wird die Ökonomie ohnehin umkrempeln.

Strive Masiyiwa gründete zusammen mit den Söhnen der prominenten und mit Staatschef Mugabe befreundeten Mapondera-Familie das „Indigenous Business Development Council“ (IBDC). Die Rückendeckung der Regierung blieb nicht aus. Sie erhofft sich von den ehrgeizigen „Neu-Unternehmern“ Impulse. Inzwischen, so die Gründer des IBDC, sollen sich 2.700 schwarze Unternehmer der Organisation angeschlossen haben. „Als Lobby sind die sehr stark“, glaubt ein deutscher Entwicklungshelfer, „aber sie können sicher nicht alle Erwartungen erfüllen.“

Dazu gehört unter anderem die Beratung und Ausbildung im modernen Management. IDBC-Präsident John Mapondera, der die deutsche Firma Magirus in Simbabwes Hauptstadt Harare vertritt: „Vielen fehlen einfach die Managerkenntnisse. Wir werden in Kursen zum Beiespiel erklären, was ein Joint-venture ist.“ Auf solche Auslandsinvestititonen hofft Simbabwes Regierung in der Zukunft. So wird mit Bonn augenblicklich um ein Investitionsschutzabkommen verhandelt.

Lehrgänge freilich werden kaum genügen, um ausländische Investoren zur Zusammenarbeit mit schwarzen Unternehmern zu verlocken. Daß sie sich lieber an die eingesessenen und weiß geführten Betriebe halten, hat freilich nicht nur rassistischen Hintergrund. Masiyiwa: „Wir erhalten keine Kredite, weil wir den Banken nicht genügend Sicherheiten bieten können.“ Bei der Zuteilung ausländischer Devisen zeigt sich zudem ausgerechnet die schwarze Bürokratie Simbabwes bei Weißen großzügiger als bei schwarzen Unternehmern.

Das dritte Problem, das den unternehmerischen Elan in der schwarzen Bevölkerungsmehrheit bremst, so jedenfalls Masiyiwa: „Die Regierung schaffte bisher nicht das nötige Klima, in dem vor allem kleine Betriebe gedeihen können.“ Ein Problem, daß sogar einfachen Touristen auffällt: Bei einer schlichten Autopanne muß der Wagen oft in die Hauptstadt Harare geschleppt werden. Auf dem Land gibt es, im Gegensatz zu anderen Dritte-Welt- Staaten, kaum Werkstätten.

Kleinbetriebe sind mittlerweile auch bei ausländischen Entwicklungshilfeorganisationen zur großen Mode geworden. Die Regierung scheint mittlerweile akzeptiert zu haben, daß kleine und mittlere Betriebe ein Mittel sein können, um die wachsende Arbeitslosigkeit zu bezwingen. Jährlich entlassen Simbabwes Schulen zwischen über 200.000 Jugendliche, aber nur rund 10.000 finden Arbeit.

Vor allem in den Kreisen der alteingessenen Weißen Simbabwes wurde der Vorwurf laut, hinter dem Programm des „Indigenous Business Development Council“ verberge sich ein neuer Rassismus. Aber Strive Masiyiwa weist diesen Vorwurf weit von sich: „Wir streben nach der politischen Versöhnung nun auch die wirtschaftliche Versöhnung an.“ Simbabwe hatte bei der Unabhängigkeit im Jahr 1980 den Weißen Garantien gegeben, um sie im Land zu halten. Das gehörte unter anderem eine Garantie der Besitzstandswahrung. Auch Masiyiwa und seine Organisation wollen das Eigentum der Weißen nicht antasten: „Wir wollen einen größeren Marktanteil, aber in einem Markt, der selbst größer wird.“