Einen Tusch für den Faschingsscherz

■ „Trabi-Deutscher. Ein Volksauto namens Trabant“. Sa., ARD, 13.30 Uhr

Vom Auto des Jahres zum Entsorgungsproblem. Ende April laufen definitiv die letzten Trabis vom Band, dann wird es nicht mehr lange dauern, bis sie nur noch zwischen den Deckeln der Geschichtsbücher Platz finden. Das Team der kessen Jugendsendung „Elf 99“, das ja selbst um den Fortbestand bangen muß, weiß, welcher Abgesang sich für den Trabanten geziemt. Eine echte Beerdigung mit feierlicher Grabrede: „Trabi-Deutscher, der du bist, du Lümmel.“ Manchmal, wenn niemand richtig hinsah, träumte das Unikum in der Fahrzeuglandschaft des Sozialismus davon, ein richtiges Auto zu sein. Zu welchen Phantasien die auf die langen Wartelisten gesetzten Trabi-Aspiranten fähig waren, wenn sie dann erst stolzer Besitzer des Gefährts waren, führt der Film genießerisch vor: der „Trabilac“, ein amerikanischer Traum in Pink mit Haifischflossen, oder ein Zwitter: vorne Trabi, hinten Mercedes, bei dem zusammengewachsen ist, was zusammengehört, und eine lange viertürige Version als Diplomatenwagen. Nichts ist unmöglich.

Roland Schellin und Andreas Richter haben den ultimativen Werbespot für ein Auslaufmodell gedreht: von jedem etwas, Wissenswertes und Kurioses, vermischt mit Spott und Trauer, machen den Abschied ins unweigerliche Aus schwer. Dabei war doch alles nur ein Zufall, wie wir jetzt nachträglich erfahren. Die Idee, den Wagen aus Duroplast herzustellen, kam Trabi-Vater Kurt Lang, als seine Tochter mit einer Karnevalsmaske aus Plaste und Elaste ins Wohnzimmer tollte: eine Form aus einem Material, das gleichzeitig fest und elastisch bleibt. So könnte auch eine Karosserie starken Beanspruchungen trotzen, dachte sich der Autokonstrukteur. Der Trabi als Faschingsscherz: einen Tusch für den letzten Auftritt eines Kultgegenstandes.

Eigentlich war er ja zu Höherem berufen. Zum Beispiel als Spezialfahrzeug zum Baustoffklauen mit einem Hebekran und einer Schaufel, die im Rückwärtsgang heimlich Kies aufladen konnte. Solche Versionen bleiben nur Visionen einer gezügelten Designerphantasie im tristen Alltag des Einheitstypus Trabi. So bleibt es eher bei bescheidenen Momenten des Hochgefühls. Ein Trabi, der einen feuerroten Ferrari abschleppt, muß sich ganz toll finden. Noch besser wird er sich fühlen, wenn er erfährt, wie gut er beim Recycling abschneidet. Das Kunststoffauto bringt es auf schlappe 50 Kilogramm Abfall beim Verschrotten. In einem modernen Mittelklassewagen sind zwischen 50 und 100 Kilogramm Plastik verarbeitet. Eigentlich gebührt dem Trabi also der Umweltengel. Aber es ist zu spät, jetzt kommt er in den Himmel. Und seine Fahrer? Ja, auch sie dürfen frohgemut vors jüngste Gericht treten: Schließlich hatten sie ja die Hölle bereits auf Erden. Christof Boy