Rentenüberleitung heiß umstritten

Bonn (dpa) — Der Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein einheitliches Rentenrecht in Deutschland ist von der Opposition im Bundestag am Freitag bei der ersten Lesung als „Überstülpung“ westdeutschen Rechts auf die neuen Länder scharf kritisiert worden. In der temperamentvollen dreistündigen Debatte sprach der SPD-Sozialexperte Rudolf Dreßler von einem „Renten- Ukas aus Bonn“, an dem kein ostdeutscher Politiker maßgeblich beteiligt gewesen sei.

Wie Abgeordnete von PDS und Bündnis 90/Grüne warf er der Regierung vor, die Vereinheitlichung nicht zu einer gesamtdeutschen Rentenreform mit Übernahme einiger günstigerer Regelungen aus dem alten DDR-Recht vor allem für Frauen sowie der Mindestsicherung als Mittel gegen Altersarmut genutzt zu haben. Trotz der teilweise harten gegenseitigen Vorwürfe und der Äußerung „sehr grundsätzlicher Bedenken“ durch die SPD signalisierten Redner von CDU, FDP und den Sozialdemokraten, daß es im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens durch Änderungen noch zu einer Annäherung der Standpunkte kommen könnte.

Dreßler forderte, die Sozialzuschläge nicht ersatzlos zu streichen. Die nach altem Recht erworbenen Ansprüche müßten über 1995 hinaus geschützt werden. Dazu zählt vor allem die Anrechnung von Kindererziehungszeiten auch bei gleichzeitiger Berufstätigkeit der Frau. Für eine solche Regelung hatte die FDP auch schon früher plädiert. Die Verbesserung der Witwenrenten durch das Überleitungsgesetz bezeichnete Dreßler als ein Tauschgeschäft, bei dem „man Frauen als eigenständige Personen mit unabhängigem Berufsleben und dem Anspruch auf eigene Altersversorgung ignoriert und sie lediglich als Anhängsel ihrer Männer oder als Witwen ernst nimmt“. Christina Schenk (Bündnis 90/Grüne) sprach zu diesem Punkt von der Übertragung „des Patriarchats auf die ehemalige DDR“. Für differenziertere Regelungen bei Sonderrenten unter anderem für Lehrer, Ärzte, Wissenschaftler und Künstler der Ex-DDR plädierten insbesondere Abgeordnete aus Ostdeutschland.