Tierschutz mit Angst und Schrecken

■ Festival im Schlachthof: Ausstellungen und Vorträge informieren mit drastisch

Die schwarze Katze ist ausgestopft, man sieht es deutlich. Trotzdem mag man sich ihrem schmerzvollen Anblick kaum aussetzen: Stangen bohren sich in ihren Schädel, in Augen und Ohren. Es graust einem. Automatisch versucht der Blick auszuweichen. Doch die Bilder drumherum sind nicht weniger scheußlich: Frösche, denen von BiologiestudentInnen pflichtgemäß der Kopf abgeschnitten wurde, um die Reaktionen der Nerven zu beobachten; Kaninchen, unter Dauerbeträufelung von Hautcremes und Kosmetik; Affen auf dem Prüfstein der Pharmakologen. Die Ausstellung der Bremer Tierversuchsgegner im ehemaligen Bremer Schlachthof ist schonungslos. Nur wenige „schöne“ Tierfotos zur „Entspannung“.

Dort treffen sie sich dann auch, die BesucherInnen des Tierschutzfestivals „Tiere sehen dich an“. Besonders für SchülerInnen, die sich mit Fragebögen dem Thema nähern wollen, ist die Ausstellung zentrale Infoquelle. Und wenn die drastischen Bilder und Stelltafeln und die Fachvorträge in der Kesselhalle nicht reichen, dann setzen die Tierschützer gern noch eins drauf: Einen anschaulichen Dokumentarfilm über Pelztierzucht in Korea, über das Abschlachten der Hunde, die Neckermann den „Gaewolf- Pelz“ liefern, über das Dahinvegetieren der Füchse und Nerze in den engen Stahlkäfigen. Die SchülerInnen der 9. Hauptschulklasse Butjardinger Straße zum Beispiel schaffen es kaum, die Informationen in ihren Fragebogen zu übertragen: Welche Tiere werden für welche Versuche benutzt und warum?

Oben im Turm des Schlachthofs haben Pogo (ein Maler aus Berlin) und Christoph Fischer (Bildhauer aus Worpswede) ihre Auseinandersetzung mit Tierversuchen und Tierschutz ausgestellt. Fischers Plastiken: Ausdrucksstark, lebensnah. Die Bilder: Inszenarien der Quälerei, nicht weniger deutlich als Stockwerke tiefer die Dokumentation. Möglichkeit zur Distanz, Verschnaufpause.

Schwerins Tierschützer vor Kündigung

Am Freitag hätte Edmund Haferbeck über „Pelztierzucht — Wirtschaftskriminalität gepaart mit Tierquälerei“ in der Kesselhalle sprechen wollen. Doch er mußte am Veranstaltungstag absagen, um seinen Job zu retten: Haferbeck, promovierter Agrarwissenschaftler, Gutachter und Sachverständiger und engagierter Greenpeace-Mann, ist seit Dezember Leiter des Umweltamtes in Schwerin. Dort hatte er über 500 Bürger-Anfragen zur Pelztier- und Chinchillazucht auf den Tisch bekommen, denn die Pelztierzüchter wittern bei den ahnungslosen Ostlern jetzt den großen Markt. Haferbeck antwortete mit Broschüren und Informationen, denn gerade mit dem sinnlosen Sterben in der Pelztierzucht hatte er sich jahrelang beschäftigt, hatte seine Erkenntnisse erfolgreich vor Gerichten gegen die Branche verteidigen müssen.

Schwerins Oberbürgermeister Kwaschik schickte Haferbeck eine Abmahnung — wegen „Kompetenzüberschreitung.“ Am Freitag mußte er sich vor ihm und dem Stadtparlament verantworten. Die Stadt dürfe sich in solch „privatrechtliche Angelegenheiten“ wie die Chinchilla- Zucht nicht einmischen, lautete die Begründung, mit der Haferbeck die Kündigung angedroht worden war. ra