Programm macht SPD-Basis müde

■ SPD beklatscht Janz-Rede und geht danach heim / Janz: „Disziplinlos“

Am Samstag um 13.45 war die SPD-Landesvorsitzende Ilse Janz noch kämpferischer Dinge. Da stimmte sie den Landesparteitag der SPD zu Beginn der Debatte über das Wahlprogramm '91 auf die 155 Tage bis zur Bürgerschaftswahl am 29. September ein. „Mit der Verabschiedung unseres Wahlprogramms befinden wir uns im Wahlkampf“ rief sie den Delegierten zu und bekam kräftigen Beifall. Bleibt es bei diesen Worten, dann muß die SPD ihren Wahlkampfbeginn auf den 7. Juni verschieben. Denn nur zweieinhalb Stunden später mußte eine über die „Disziplinlosigkeit“ der GenossInnen erzürnte Vorsitzende den Parteitag abbrechen. Ein Delegierter hatte die Beschlußfähigkeit angezweifelt und Ilse Janz war dem Zweifel nach einem Blick in den nur etwa zu einem Drittel gefüllten Saal des Gustav-Heinemann-Bürgerhauses gefolgt. Statt als erste, wie zuvor gerühmt, wird die SPD ihr Wahlprogramm erst als letzte Partei nach der Straf-Sitzung im Juni vorlegen können.

Die Delegierten waren zum Parteitag noch einmal mit einem ganzen Wust Papiere beglückt worden. Jusos, die Unterbezirke Ost und West, die Genossen aus Bremerhaven und die Landesarbeitsgemeinschaft Gesundheit hatten ihre programmatischen Vorschläge teilweise erst am morgen vorgelegt. Die Folge: Endloses Kleinklein, bei dem die Spezialisten für ihr Politikfeld es meist jeweils mit einem einzigen Gegner zu tun hatten: Bürgermeister Klaus Wedemeier. „Was kostet das?“, so seine Standardfrage. Teure programmatische Vorschläge der Gesundheitspolitiker wurden nach Intervention des Bürgermeisters ebenso abgelehnt, wie das Begehren des UB- Ost, den Stellenstopp aufzuheben und jährlich 200-300 Lehrer neu einzustellen sowie die politische Bildung „erheblich auszubauen“.

Der Parteitag blieb so bei der von Ilse Janz vorgegeben Linie, kein Progamm zur „allgemeinen Volksbeglückung“ zu machen, sondern nur das ins Wahlprogramm zu schreiben, was machbar ist. Mit diesem Argument wurde auch der UB-Ost-Antrag abgelehnt, „mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln darauf hinzuwirken, daß zukünftig keine Rüstungsgüter mehr in bremischen Häfen umgeschlagen werden.“ Wedemeiers Gegenargument: Ein Alleingang Bremens bringe nichts. Die SPD müsse auf Bundesebene stattdessen einheitlich auf eine Verschärfung der Rüstungs-Exportgesetzgebung drängen. Antrag abgelehnt. Auch das Verlangen, zur Unterstützung der Betriebe, die Rüstungskonversion betreiben wollen, jährlich „deutlich mehr als 20 Millionen“ zur Verfügung zu stellen, fand Wedemeiers Widerspruch: „Eine gegriffene, spekulative Größe.“ Antrag abgelehnt.

Die Koalitionsfrage spielte in der Debatte keinerlei Rolle. Rot- Grün-Befürworterin Ilse Janz, die ihre Partei als „einzigen Garanten für eine umweltgerechte Zukunft Bremens“ pries, machte statt dessen deutlich, wie die SPD gedenkt, die absolute Mehrheit zu verteidigen und ihre StammwählerInnen zu den Urnen zu bekommen. Mit den bundesweiten SPD- Schlagern Steuerlüge und Wählertäuschung. Janz: „Die CDU wird weitere Quittungen erhalten. In Hamburg und in Bremen.“

hbk