Mehrere Tote nach Polizeischüssen in nordalbanischer Hafenstadt

Belgrad (taz) — Am Wochenende ließen in Nordalbanien bei Straßenschlachten mehrere Menschen ihr Leben. Nach Angaben des albanischen Fernsehens starben in der Küstenstadt Lezha zwei „Randalierer“, als sie die kommunistische Parteizentrale in Brand setzen wollten. Oppositionelle Kreise sprechen jedoch auch von zwei Toten im naheliegenden Hafen Shengjin, wo am Freitag Flüchtlinge mit Booten nach Italien entkommen wollten.

Zentrum des Protestes ist jedoch die Großstadt Shkodra, die sich bereits seit drei Wochen im Generalstreik befindet. Ausgerufen wurde er von der oppositionellen „Demokratischen Partei“, die damit ein Zeichen setzen wollte über das brutale Vorgehen der Kommunisten, die wenige Stunden nach den ersten Mehrparteienwahlen am 31. März den örtlichen Demokraten-Führer Arben Droci öffentlich erschossen. Droci und seine Partei hatte im katholischen Nordzipfel die Wahl hoch gewonnen, wenngleich die Partei landesweit nicht gewinnen konnte. Mit dem Generalstreik wollte man das neue Parlament zwingen, eine Erklärung zum Tod des populären Politikers vorzulegen. Die Kommunisten kamen dem letztendlich am Freitag nach.

Staats- und Parteichef Ramiz Alia persönlich drückte im Parlament sein Bedauern aus, das ZK-Organ 'Zeri i popullit‘ schrieb, der berüchtigte Geheimdienst „Sigurimi“ sei für die Toten von Shkodra Anfang April allein verantwortlich zu machen. Zeitgleich mit der Erklärung wurde die Verhaftung hoher Polizei- und Geheimdienstfunktionäre in Shkodra angeordnet.

Das soll zum Wochenende zahlreiche Mitarbeiter der „Sigurimi“ auf den Plan gerufen haben, „mit provokativen Aktionen die Ruhe zu stören“, so Radio Tirana. Unbestätigten Berichten zufolge sollen Teile der alten Kader in Ramiz Alia einen „Verräter“ sehen und sich gegen die Parteireform stellen, die in wenigen Wochen mit einem Sonderparteitag der KP abgeschlossen sein soll. Alia will dann seine Partei in eine sozialdemokratische oder sozialistische umwandeln. Roland Hofwiler