MIT DER ÖKOWELLE AUF DU UND DU
: Rasante Steigerungen

■ Bio-Anbieter kommen nicht hinter der Nachfrage her

Killesberg (taz) — Die Ökowelle schwappt weiter. Was sich alles unter einem „Bio-Image“ selbst im Supermarkt verkaufen läßt, zeigt die derzeit in Stuttgart stattfindende internationale Messe für ökologische Produkte. Ein besonders umkämpftes Terrain markenpolitischer Grabenkämpfe ist dabei der Lebensmittelbereich: Was unter verschiedensten, gesetzlich nicht geschützten Biodeklarationen an Marken und Angeboten die Regale füllt, überfordert heute selbst ausgefuchste ProfiverbraucherInnen. Der Bezeichnungsdschungel bringt aber auch das Bild der umweltfreundlichen Foodproduzenten ins Wanken, das sich die in Dachverbänden zusammengeschlossenen Anbauverbände mühsam aufgebaut haben.

Für Uwe Urbschat, Geschäftsführer des Demeter-Verarbeiter- und Vermarkterverbands, liegen die Ursachen im wachsenden Markt: Nach Umfragen seien 81 Prozent der KonsumentInnen bereit, für Produkte aus biologischem Anbau höhere Preise zu bezahlen. In Westdeutschland wurden 1990 im Vollwert- und Reformkostmarkt mit drei Milliarden mehr als zwei Prozent aller Lebensmittel umgesetzt; der Anteil der in der „Arbeitsgemeinschaft ökologischer Landbau“ zusammengeschlossenen Anbauverbände lag bei 500 Millionen D-Mark.

Der rasant wachsenden Nachfrage konnten die inländischen Biobetriebe jedoch nicht gerecht werden. Fast die Hälfte der Erzeugnisse aus kontrolliert biologischen Anbau wird importiert — zumeist aus den Nachbarländern Frankreich, Holland, Italien und Spanien. Derzeit werden trotz einer Steigerung um 37 Prozent im vergangenen Jahr lediglich 75.000 Hektar oder 0,5 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche seriös ökologisch bewirtschaftet.

Der Importdruck birgt freilich Probleme: Die ausländischen Erzeugnisse werden oft zu deutlich niedrigeren Preisen angeboten, was nicht zuletzt daran liegt, daß die Produktionsrichtlinien nicht so streng gefaßt sind. Für Ulrich Hamm von der Universität Hohenheim wird auch deswegen ein erheblicher Teil der Nachfrage nach Bioerzeugnissen fehlgeleitet. Ändern wird sich dies erst, wenn bestimmte Bezeichnungen tatsächlich geschützt sind. Erwin Single