Zu Saddams Geburtstag gibt's Benzin

Verteidigungsminister Hassan Kamel wird als möglicher Nachfolger Husseins aufgebaut  ■ Aus Bagdad Khalil Abied

„Der 28. April, ein historischer Tag in der Geschichte des Irak und der arabischen Nation“. Die Hauswände in Bagdad und allen anderen irakischen Städten waren am Dienstag voller solcher Parolen. Andere Sprüche gaben nähere Auskunft: „Wir gratulieren uns zum Geburtstag des Führers“. Für die Iraker war der 28. April in diesem Jahr in der Tat schon fast so etwas wie ein historischer Tag, denn seit null Uhr morgens gab es wieder Benzin, und das zu den niedrigen offiziellen Preisen.

Tausende von Irakern feierten den 54. Geburtstag Saddam Husseins denn auch in ihren Autos in langen Schlangen vor den Tankstellen. Neue, bunte Bilder von Hussein schmückten die Stadt, als sei nichts gewesen, bunte Parolen, die Liebe zum Führer ausdrückten, prangten auf den Mauern, und nachts spendeten bunte Lampen Licht, alles für den Führer.

Damit die Bevölkerung an diesem Tag auch so richtig guter Dinge ist, hatte Saddam Hussein bereits zwei Tage zuvor angeordnet, daß ab dem 15. Mai alle Iraker wieder ins Ausland fahren dürfen. Die Kehrseite der neuen Reisefreiheit sind freilich gestiegene Preise. In einem Koffergeschäft kostete ein aus Taiwan importiertes Nylonprodukt achtzig Dinar — nach offiziellem Kurs dreihundert Dollar. „Kauft heute“, sagte der Verkäufer, „morgen werden Sie keine Koffer mehr finden.“ Und in der Tat, die Koffer gehen weg wie nichts. Hauptgesprächsthemen in Bagdad sind das Reiseziel, die Visabestimmungen und der Dollarkurs. Alle befürchten, daß der Schwarzmarktkurs jetzt in die Höhe schnellt.

Zentrum der offiziellen Feierlichkeiten an diesem Tag ist Tikrit, der Geburtsort Husseins. Dort wurde ein Fest organisiert, an dem sich jedoch nur etwa 400 bis 500 Zuschauer beteiligten. Mädchen zwischen sechs und vierzehn Jahren in bunten Kleidern und aus allen irakischen Provinzen führten traditionelle Tänze vor, andere trugen Lobgedichte auf Saddam Hussein vor.

Tikrit, das bis vor sieben Jahren ein kleines Dorf war, ist heute eine große Stadt mit 70.000 Einwohnern, breiten Autobahnen, einer Universität und Hauptstadt der Salaheddin-Provinz. Ein Besuch in Saddam Husseins Geburtshaus im Dorf Ouja scheitert jedoch, obwohl der Bürgermeister von Tikrit erklärte hatte, wir, die eingeladenen Journalisten, könnten uns frei in der Provinz bewegen. Doch der Ort, drei Kilometer von der Stadt entfernt, ist abgesperrt, ein Kontrollposten weist uns ab. Später erfahren wir, daß dort Saddam Husseins persönliche Leibwächter in neu errichteten Häusern ein angenehmes Leben führen.

Gleichzeitig, so scheint es, ging in Bagdad der Stern eines neuen Politikers auf. Hassan Kamel, Verteidigungsminister, Schwiegersohn von Saddam Hussein sowie ehemaliger Minister für Industrie, wurde zum Verantwortlichen für den Wiederaufbau der Kommunikationsanlagen benannt. Wie die Zeitung 'Al Jumhuriya‘ berichtete, war Kamel auch zuständig für die Reparatur der zerstörten Raffinerien gewesen, dank derer die Iraker jetzt wieder Benzin kaufen können. Kamel gilt heute als der „Held des Benzins“, demnächst dürfte er auch als „Held der Telekommunikation“ gefeiert werden. Beobachter in Bagdad glauben, daß dies ein Schritt ist, um Hassan Kamel als Nachfolger für Saddam Hussein aufzubauen, sollte diesem etwas zustoßen.