Bobby Womack

Als »warm, witty, preachy and funky« beurteilte und pries das Q Magazine anläßlich der Wiederveröffentlichung seiner LP »Check It Out« das Schaffen von Bobby Womack. Seine enorme Einfühlsamkeit in die sich ständig verändernde Soul-Musik hätte noch hinzugefügt werden müssen. Der Mann aus Ohio mit der markanten Viereck-Brille als Erkennnungsmerkmal ist wie ein Chamäleon durch die vergangenen 30 Jahre schwarzer Musikgeschichte gezogen, aber nicht um zu plündern, sondern als einer ihrer Träger.

Den Beginn machte der familieneigene Gospelchor, der sich The Womack Brothers nannte, und in dem Bobby neben seinen vier Brüdern Cecil, Harry, Curtis und Friendly Jr. sang. Das war noch in den fünfziger Jahren, in denen Doo Wop und Gospel als Vorformen des Soul galten. Den größten Sprung seiner Karriere machte Bobby Womack allerdings, als Sam Cooke ihn als Gitarristen in seiner Begleitband engagierte. Nach dem tragischen, ungeklärt gebliebenen Tod von Cooke heiratete Bobby Womack nicht nur dessen Witwe Barbara Campbell Cooke, sondern versuchte im Sinne ihres verstorbenen Mannes die Verschmelzung schwarzer Musikformen in der Formation Boby and the Valentinos aufrecht zu erhalten. Teilweise mit phänomenalem Erfolg, wie sich an den Klassikern »It's all over now« (später ein Riesenerfolg der Stones) und »Lookin' for a love« zeigte.

Als überragender Songwriter versuchte Womack erst im Jahre 1971 mit einem Soloalbum seinen völlig eigenen Stil zu finden. Mit »Daylight« oder »Across 110th Street« gelang es ihm schon binnen drei Jahren. Stimmlich tief im Gospel und Southern Soul verwurzelt, knüpfte seine musikalische Sichtweise eher an Curtis Mayfield und Marvin Gaye an und blieb weit von der des »Godfather from Atlanta, Georgia, Ladies and Gentlemen, Mr. James Brown« entfernt. Womack war funky, aber besinnlich und sensibel, mit mehr Zwischentönen als der Super Heavy Funk des Südens.

Hierzulande ist es ein wesentlicher Verdienst Gerald Hündgens und der Spex gewesen, daß Womack einem jüngeren Publikum der achtziger Jahre zugänglich gemacht wurde, noch ehe der allgemeine Aufwasch der unzähligen Soul-Revivals begann. Dort wäre für die herzensnahen R&B-Balladen Womacks gar kein Platz mehr gewesen, da alles getanzt werden wollte.

Nun musiziert sich Bobby Womack bereits in die vierte Dekade hinein, ohne von ursprünglichen Formen abzurücken. Die Instrumente haben sich zwar verändert, sind digitalisiert und technisch aufgerüstet worden; statt schwermütiger Streichensembles treiben nun die Strings aus der Solina oder aus dem Kawai-Synthesizer die Seele ins Dampfbad; aber das Phänomen Soul, immer nahe am Kirchen-Chor mit Gospel verbleibend und trotzdem mit total erotischer Aufladung versehen, ist geblieben. Bobby Womack wird es erneut beleben. (Um 22 Uhr im Quasimodo) Harald Fricke