Gewalt gegen Kinder: Helfer fordern Anerkennung

■ Initiativen wollen mißhandelten Kindern helfen und nicht vom Senat zum Wahlkampf benutzt werden

Von der Sozialbehörde übergangen fühlen sich die im DPWV organisierten Initiativen zur Hilfe bei Gewalt und sexuellem Mißbrauch gegen Kinder und Jugendliche. Nach einer Anfrage der Bürgerschaft hatte Sozialsenatorin Sabine Uhl Anfang April einen 18seitigen Entwurf zu einem Konzept „Verhinderung von Gewalt“ vorgelegt und am 15. April mit VertreterInnen der Initiativen diskutiert. „Jede inhaltliche Auseinandersetzung wurde jedoch abgewürgt, bzw. auf kritische Nachfragen zum Konzeptentwurf gab es keine Antworten“, schrieben sechs der Projekte jetzt an die Senatorin und warnten vor „voreiligen Entscheidungen zu Lasten der Betroffenen“.

„Betroffen“ sind allein von sexueller Gewalt jedes Jahr rund 3.000 der insgesamt 38.000 Mädchen in Bremen. Über diese — natürlich nur zu schätzende — Zahl besteht zwischen freien Trägern und Initiativen Einigkeit. Einig sind sich beide Seiten auch darüber, daß dringend vielfältige Beratungs- und Hilfsangebote für die betroffenen Kinder entwickelt werden müssen. Im Unterschied zu den sehr allgemeinen Formulierungen in dem senatorischen Konzept-Entwurf fordern die Initiativen jedoch konkrete Zusagen über die Finanzierung. Die von der Behörde vorgeschlagene „extensive Ausnutzung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen“ wollen sie in ihrer schwierigen Arbeit mit mißhandelten Kindern nicht mehr hinnehmen.

„Wir haben den Verdacht, daß das Konzept eher unter wahltaktischen Gesichtspunkten zu sehen ist“, sagte Norbert Breeger, Referent für Jugendhilfe beim DPWV, am Dienstag. Er fürchtet, daß das Papier mit seinen vielen Absichtserklärungen nach dem 29. September wieder in der Schublade verschwinden könnte.

Besonders geärgert hat die Initiativen auch die Ansicht der Behörde, für die Arbeit mit mißhandelten Kindern und Jugendlichen müsse zunächst ein umfassendes Konzept erarbeitet werden. Petra Reinhardt vom „Verein Mädchenhaus“: „Es gibt doch Konzepte. Schließlich arbeiten die Initiativen schon seit Jahren nach einem schlüssigen Konzept.“

Ulla Müller von der Beratungsstelle „Schattenriß“ vermutete denn auch: „Das Papier ist am grünen Tisch geschrieben worden. Die wissen doch in der Behörde gar nicht, was wirklich stattfindet.“ Besonders schlimm sei es, „wenn jetzt das Ende der Diskussion verkündet wird, bevor sie überhaupt begonnen hat“, ergänzte Norbert Breeger.

Diese Kritik mochte Hans-Albert Wulfken, Kinderreferent der Sozialsenatorin, nicht auf der Behörde sitzen lassen: „Man kann es ihnen auch nicht recht machen“, entgegnete er auf die Vorwürfe. „Wenn man ohne Papier zur Diskussion kommt, wird man geprügelt, und wenn man mit einem Papier kommt, dann ist schon alles fertig.“ Er möchte das Behörden- Konzept auf jeden Fall schon am 17. Mai in der Deputation beraten lassen.

Am 19. Juni soll dann noch einmal ein Hearing mit allen im Kinder- und Jugendhilfebereich engagierten freien Trägern stattfinden. „Natürlich werden wir dabei nicht alle Erwartungen erfüllen können“, sagt Wulfken voraus, „die 300.000 Mark, die wir im Bereich Gewalt gegen Kinder zur Verfügung haben, reichen nicht einmal ansatzweise.“

Die Initiativen fordern jetzt zunächst eine Vertagung der Entscheidung über das Behörden- Konzept. Dann müsse über einen eigenen Haushaltstitel für die Hilfe mißhandelter Kinder und Jugendlicher verhandelt werden. „Schließlich“, so Norbert Breeger, „hat jedes mißhandelte Kind einen Rechtsanspruch auf Hilfe.“ Schon deshalb könnten die Initiativen, die in den vergangenen Jahren diese gesetzlich vorgeschriebene Unterstützung in oft ehrenamtlicher Arbeit übernommen haben, nicht wieder nur auf das Arbeitsamt verwiesen und die betroffenen Kinder nicht länger vertröstet werden. Ase