■ Programm zwischen Beton

Im Kinosaal des Checkpoint kämpft »Daffy Duck gegen die Nazis«, und im Niemandsland der Leipziger Straße kämpft der Checkpoint, Hausnummer 55, gegen die Ödnis der Architektur. Mehr als sieben Jahre schon gibt es den Klub, doch erst seit Sommer '89 heißt der Checkpoint Checkpoint, »weil wir einen Namen suchten und der einfach übrig blieb. Ist ja auch hier in der Nähe der bekannteste Punkt.«

Den Hautgout des ehemals sozialistischen Wohngebietsklub aber kann auch er nicht so leicht abschütteln: Kacheln und Rauhfaser. Dort wo früher ansässige Rentner »die Partei, die Partei die hat immer recht« tirilierten, läuft nun jeden Samstag die Black Music Dance Night mit Afro-Disco und Live-Band.

Statt eines Konzeptes wünscht sich die Chefin Carola Tinius bloß zwei Dinge: »Als Umgebung ein lebendigeres Wohngebiet.« (unmöglich) Und, »daß möglichst viele Leute kommen.« (schon eher möglich) Erreichen will sie dies mit einem vollen Programm: Sonntag bis Mittwoch sorgt der Wiener Filmemacher Carl Andersen, er selbst hat Filme wie »Mondo Weirdo« gemacht, für ausgesuchtes Kino. Angekündigt für Mai sind die schlechtesten Filme der Welt von Ed Wood und Al Adams, prämiert mit dem Golden Turkey. Donnerstags gibt es Jazz-Konzerte bzw. Jamming und freitags, »unsere Extrem-Kisten«, reicht das Spektrum von der 60's Psychedelic Party bis zu Vorträgen über den modernen Pessimismus bei Schopenhauer.

Novum ist die Videoinstallation im Foyer,»wir wollten den Eingangsbereich ein wenig auflockern»; drei Monitore im Treppenhaus, die nonstop blecherne Experimental-Videos aus dem Bizarr-Verlag München abspulen. Unter dem Titel »Video-Point« können ab diesen Monat hier auch eigene Arbeiten vorgeführt werden. Die besten Filme werden ausgewählt und im Juli dann auf einem Independent-Festival vorgeführt.

»Aber ich liebe euch doch alle!« Zitat von Mielke selig, ist der Titel einer Fotoausstellung über die Lebensbedingungen in Stasi-Knästen, die ab nun in den Gängen des Checkpoint zu sehen sein wird. Verfehlt wirkten aber die im April ausgestellten Fotos von Heinz S. Twardocz mit dem Titel »Kinder«: Die zwölfjährigen Lolitas, geschminkt und breitbeinig hingehockt, rochen mehr nach Pädophilie als nach künstlerischer Provokation.

Vier Millionen Ostmark hatte der Klub früher jährlich zur Verfügung. Davon wurden damals Sänger, Liedermacher und Kleinkunstaufführungen finanziert. Für dieses Jahr zahlt der Senat vier Planstellen und die Miete. Der Rest bleibt das Problem des Checkpoint. Und so gibt man sich alle Mühe, die Metamorphose zum rentablen Kulturzentrum zu schaffen: Yoga- und Gitarrenkurse, Konzerte und Ausstellungen, alles was dazugehört. Doch das Problem Geld bleibt. Ralf, der Barmann, beschäftigt sich simultan als DJ, weil das Tapedeck ausgefallen, und eine Reparatur im Moment zu teuer sei: »Aber wenn ihr alle noch einen trinkt, dann kommt det als nächstes dran.« Klaus Meyer